Gravierende Veränderungen soll es im Zuge der Übernahme von Apollo Optik durch die niederländische Pearl Gruppe gegeben haben. So wurden z.B. Lieferantenrabatte nicht weitergegeben. 17 deutsche Augenoptiker gingen vor das Gericht. Wie dem optikum jetzt bekannt wurde, entschied am 20.05.2003 ein Kartellsenats des deutschen Bundesgerichtshofes im Streit zwischen Apollo Optik und den ersten drei Franchisenehmern.
Alle anderen Franchisenehmer haben vermutlich den gleichen Anspruch
wie die ersten drei Kläger. Der Kartellsenat des deutschen Bundesgerichtshofs
hat in drei von insgesamt 17 bei ihm anhängigen Parallelverfahren über
eine Reihe von Ansprüchen entschieden, die von ehemaligen Apollo-Franchisenehmern
gegen die Apollo Optik GmbH & Co KG (im weiteren Text Apollo genannt) erhoben
werden.
Apollo betreibt in Deutschland die zweitgrößte Kette
von Optiker-Fachgeschäften mit – im Jahr 1999 – ca. 150 eigenen Filialen
und 90 Franchisebetrieben. Ihr Warensortiment beziehen die Franchisenehmer im
eigenen Namen weitgehend von Lieferanten, die auch die Apollo-Filialen beliefern.
Mit diesen Lieferanten hat Apollo nach Abnahmemengen gestaffelte Preisnachlässe
bis zu 52 % auf die jeweiligen Listenpreise ausgehandelt. Auf Veranlassung von
Apollo wurden diese Rabatte den Franchisenehmern bei deren Wareneinkäufen
von den Lieferanten nicht in voller Höhe, sondern jeweils nur zum Teil
(bis zu einer Höhe von 38 %) eingeräumt. Die Differenz zur ausgehandelten
Rabatthöhe hatten die Lieferanten an Apollo abzuführen. Die Franchisenehmer
wurden über den Inhalt der Rabattvereinbarungen und über die Abführung
der "Differenzrabatte" nicht informiert; sie erlangten hiervon im
Frühjahr 1999 aufgrund eines Versehens Kenntnis. Ein Teil der Franchisenehmer
forderte daraufhin die Herausgabe der von Apollo vereinnahmten "Differenzrabatte"
und Auskunft über deren Höhe. Entsprechende Stufenklagen waren zweitinstanzlich
bei den verschiedenen Oberlandesgerichten anhängig. Während die Franchisenehmer
vor den Oberlandesgerichten Düsseldorf, Koblenz und München insoweit
unterlagen, hatten die Klagen vor den Oberlandesgerichten Bremen, Frankfurt
am Main und Karlsruhe Erfolg.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat die von Apollo gegen
ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main gerichtete Revision zurückgewiesen
(KZR 27/02) und den Revisionen zweier Franchisenehmer gegen klageabweisende
Urteile der Oberlandesgerichte München (KZR 19/02) und Koblenz (KZR 29/02)
stattgegeben. Als Grundlage des auf Herausgabe der "Differenzrabatte"
gerichteten Klagebegehrens hat er eine Klausel in dem von Apollo bundesweit
einheitlich verwendeten Franchisevertrag angesehen, nach der Apollo "Vorteile
… zur Erreichung optimaler Geschäftserfolge" an die Franchisenehmer
weiterzugeben hat. Nach Auffassung des Kartellsenats erfasst diese Klausel jedenfalls
in ihrer nach § 5 des AGB-Gesetzes (jetzt: § 305c Abs. 2 BGB) maßgeblichen
"kundenfreundlichsten" Auslegung auch die Rabatte auf die Listenpreise
der Lieferanten, von denen die Franchisenehmer ihre Ware beziehen.
In dem Verfahren KZR 19/02 herrschte ferner Streit darüber,
ob Apollo berechtigt war, bestimmte Werbematerialien, die zur Begleitung von
Fernseh-Werbekampagnen bestimmt waren, den Franchisenehmern nur unter der Voraussetzung
zu überlassen, dass diese entweder einer Erhöhung der vertraglich
vereinbarten Werbepauschale von 3 % auf 6 % des Nettoumsatzes zustimmten oder
eine zusätzliche Vergütung in Höhe der Selbstkosten zahlten.
Auch diesen Streit entschied der Bundesgerichtshof auf der Grundlage der vertraglichen
Regelung zugunsten der Franchisenehmerin.
Ebenfalls in dem Verfahren KZR 19/02 war über die weitere
Frage zu entscheiden, ob mehrere von Apollo ausgesprochene außerordentliche
Kündigungen des Franchisevertrages unwirksam waren und Apollo demzufolge
für den kündigungsbedingten Schaden der Franchisenehmerin aufzukommen
hat. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof eine Vertragsklausel beanstandet,
nach der das Vertragsverhältnis "ohne dass ein wichtiger Grund im
Sinne des Gesetzes vorliegt", mit dreimonatiger Frist gekündigt werden
kann, wenn das Vertrauensverhältnis ernsthaft gestört ist. Der Antrag
der Franchisenehmerin auf Feststellung, dass der kündigungsbedingte Schaden
zu ersetzen ist, hatte daher Erfolg
Ein weiterer Streitpunkt zwischen Apollo und verschiedenen Franchisenehmern
stand in dem Verfahren KZR 27/02 zur Entscheidung. Gegenstand von Beanstandungen
der Franchisenehmer sind Werbekampagnen des Jahres 1999, bei denen Apollo mit
Endverkaufspreisen – beispielsweise für "VariView"-Gleitsichtbrillen
mit dem Slogan "jetzt 299 statt 899 DM" – warb, ohne bei der Preisangabe
zwischen den eigenen Filialen und den Franchisebetrieben zu unterscheiden. Die
Franchisenehmer sehen darin eine unzulässige Bindung ihrer Endabgabepreise
durch Apollo. Auch in diesem Punkt unterlag die Franchisegeberin. Wie der Bundesgerichtshof
bereits entschieden hat (Urt. v. 2.2.1999 – KZR 11/97, BGHZ 140, 342 – Preisbindung
durch Franchisegeber), kann von einer nicht nach Filialen und Franchisebetrieben
differenzierenden Werbung mit Endverkaufspreisen ein wirtschaftlicher Druck
auf die Franchisenehmer ausgehen, der einer nach § 14 GWB verbotenen vertraglichen
Preisbindung gleichkommt. Auch Preiszusätze "ab" und – bei Reduzierungen
– "bis zu" sichern den Franchisenehmern keinen ausreichenden Preisgestaltungsspielraum,
da der Kunde sie nicht auf die Organisationsform des einzelnen Apollo-Optik-Fachgeschäfts,
sondern auf die beworbene Ware beziehen und demgemäß erwarten wird,
wenigstens einen der beworbenen Artikel zu dem genannten günstigen Preis
vorzufinden.
Quelle: Deutscher Bundesgerichtshof in Karlsruhe