Die Anpassung von Orthokeratologie – Contactlinsen: 2 Fallstudien

Die heute in der Mehrzahl der Fälle eingesetzten Orthokeratologie-Contactlinsen weisen eine sog. „Double-Reverse“- Geometrie auf und ähneln sich ihrem prinzipiellen Design. Einen typischen, schematisch dargestellten Aufbau moderner Orthokertologie-Contactlinsen zeigt die Abbildung links. Wie man in der Abbildung erkennen kann, sind Orthokertologie-Contactlinsen mit „Double-Reverse“-Design in mehrere Zonen unterteilt.

Den einzelnen Zonen kommen dabei besondere Aufgaben zu.

Basiskurve
Die Wahl der Basiskurve ist für die gewünschte Höhe der
Korrektion verantwortlich. Ausgehend von der zu korrigierenden Myopie
und dem flachen Hornhautradius wird die Basiskurve in der Regel
so flach gewählt, dass eine Überkorrektion von 0.5 dpt bis 0.75
dpt resultiert, um einen leichten Rückgang der Myopiekorrektion
im Laufe des Tages zu kompensieren. Um mit der Orthokeratologie-Contactlinse
am Auge scharf zu sehen, bedarf es einer dioptrischen Stärke der
Linse, die der Überkorrektion entspricht. Orthokeratologie-Contactlinsen
haben deshalb meist eine Stärke von +0.5 bis +0.75 dpt.

Fluoreszeinbild
Abb 1: Typisches Fluoreszeinbild einer Orthokeratologie-Contactlinse
mit "Double-Reverse"-Geometrie

Reverse Kurve
Die anschliessende steilere, reverse Zone verbindet die Basiskurve
mit der Auflagezone. Die sich bildende "Reservoir-Zone"
ist im Fluoreszeinbild an einem hell aufleuchtenden Ring rund um
die zentrale Auflagezone erkennbar (Abb 1). Als Verbindung der Basiskurve
und der peripheren Auflagezone bestimmt die Wahl der reversen Kurve
im Wesentlichen die Scheiteltiefe der Contactlinse. Eine Änderung
der Tiefe der reversen Zone hat sowohl auf den Sitz der Contactlinse
(und hier vor allem auf die Zentrierung) als auch auf die Breite
der zentralen Auflagezone und somit auf die optische Effizienz der
Orthokeratologie-Contactlinse eine Auswirkung.

Periphere Auflagezone/ Radius peripher
Hauptaufgabe der peripheren Auflagezone besteht darin,
der Contactlinse einen guten, zentrischen Sitz am Auge zu verleihen.
Bei guter Anpassung zeigt sich ein 360°-Auflageband rund um die
Reservoir-Zone.

Bevel
Wie bei allen formstabilen Contactlinsen sollten auch Orthokeratologie-Linsen
einen ausreichenden Bevel aufweisen, um den Tränenaustausch
zu gewährleisten.

Gesamtdurchmesser
Der Gesamtdurchmesser bei Orthokeratologie-Contactlinsen
variiert ca. zwischen 9.5 und 11.5 mm. Die am häufigsten eingesetzten
Durchmesser liegen dabei zwischen 10.5 und 11.0 mm, da grössere
Contactlinsen-Durchmesser meist eine bessere Zentrierung zulassen.

Ermittlung der Contactlinsen-Parameter
der ersten Orthokeratologie-Contactlinsen nach den Messwerten
Die Wahl der richtigen Contactlinsen-Parameter ist von
Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Sie basiert i.d.R. auf
folgenden Messdaten:

  1. Topographie der Hornhaut (zentrale Hornhautradien, Abflachung
    in der Peripherie)
  2. Brillenrefraktion (bzw. gewünschte Korrektionswerte)

Die meisten Hersteller arbeiten mit einfachen Schemata
bzw. Anpassungsprogrammen, die es dem Anpasser ermöglichen,
anhand der Messwerte die erste Orthokeratologie-Contactlinsen zu
ermitteln.

Fall 1: Contactlinsen-Träger V.N., 36 Jahre, Dokumentation
der Anpassung am rechten Auge (OD)

V.N. trägt seit fünf Jahren weiche Contactlinsen.
Der Tragekomfort mit den Contactlinsen ist wegen Trockenheitsgefühl
eingeschränkt. Ein früherer Versuch mit formstabilen Contactlinsen
wurde aufgrund des Fremdkörpergefühls abgebrochen.

Grunddaten des Auges (OD)

  • Subjektive Refraktion: -0.75 –0.5
    180° VisusCC 1.25
  • Zentrale Hornhautradien (gemessen mit
    dem klassischen, entfernungsunabhängigen Ophthalmometer): 7.80/
    2° 7.68/ 92°
  • Hornhautdurchmesser: 11.8 mm (horizontal
    sichtbarer Durchmesser der Iris)

Topographie
Abb 2: Topographie der Hornhaut vor der Anpassung mit Orthokeratologie-Contactlinse

Daten der Orthokeratologie-Contactlinse
nach dem Vorschlag des Herstellers (Galifa Contactlinsen/ Schweiz)
und Sitzbeurteilung

Daten:

  • Basiskurve: 8.0
  • Entlastungstiefe: 0.52
    (Tiefe der reversen Zone [mm])
  • Radius peripher: 8.1
  • Durchmesser: 10.5
  • Material: Boston XO

Sitzbeurteilung
Abb 3: Sitzbeurteilung

Sitzbeurteilung (Abbildung 3)
Die Orthokeratologie-Contactlinse zeichnet sich durch einen guten,
zentrischen Sitz aus mit einer zentralen Auflagezone von ca. 4 mm.
Daran anschliessend zeigt sich ein gleichmässiges 360°-Auflageband
in der Peripherie und der Bevel zur Gewährleistung des Tränenaustauschs.

Vergleich des Sitzverhaltens mit einer
Orthokeratologie-Contactlinse mit geringerer Scheiteltiefe

Vor der Abgabe der Orthokeratologie-Contactlinse wurde zum Vergleich
eine weitere Linse gefertigt. Ziel war es, mit der Wahl einer geringeren
Tiefe der reversen Zone (bei Galifa: Entlastungstiefe) den Durchmesser
der zentralen Auflagezone zu vergrössern um somit die optische
Effizienz ggf. noch zu optimieren.

Daten der Contactlinse
mit geringerer Entlastungstiefe:

  • Basiskurve: 8.0
  • Entlastungstiefe: 0.50
    (Tiefe der reversen Zone [mm])
  • Radius peripher: 8.1
  • Durchmesser: 10.5
  • Material: Boston XO

Sitzbeurteilung
Abb 4: Sitzbeurteilung

Sitzbeurteilung (Abbildung 4)
Erwartungsgemäss zeigt sich im Zentrum eine grössere Auflagezone
verglichen mit der ersten Orthokeratologie-Contactlinse. Aufgrund
der Reduzierung der Tiefe der reversen Zone wurde jedoch der Contactlinsen-Sitz
negativ beeinflusst. Grund für den schlechteren Contactlinsen-Sitz
ist die zu geringe Scheiteltiefe der Contactlinse (flache Anpassung),
die zu einer Dezentrierung nach oben führt.

Abgabe der Orthokeratologie-Contactlinse
(Entlastungstiefe 0.52) und Kontrolle am frühen Morgen nach der
ersten Nacht

Topometrie
Abb 5: Topographie der Hornhaut am frühen Morgen nach der
ersten Nacht, während der die Orthokeratologie-Contactlinse
getragen wurde. Die Topographie zeigt das bei der Orthokeratologie
angestrebte "Bulls-Eye"-Bild, d.h. eine zentral abgeflachte
Zone an die sich ringförmig eine steilere Zone anschliesst.

Bei der ersten Kontrolle frühmorgens zeigte die
Contactlinse weiterhin ein gutes Sitzverhalten mit gleitender Beweglichkeit,
guter Zentrierung und Benetzung. Abbildung 5 zeigt die Topographie
der Cornea nach direkter Entnahme der Orthokeratologie-Contactlinse.

Die erreichte Sehschärfe ohne weitere Korrektion
war sehr gut (VisusSC 1.25)
und es ergab sich eine Überrefraktion von –0.25 dpt (VisusCC
1.6 (-1)). Bei der Kontrolle am Nachmittag des selben Tages
war die Sehschärfe nicht messbar zurückgegangen bei gleichbleibendem
Betrag der Überrefraktion.

Nach direkter Contactlinsen-Entnahme waren keine
Stippungen der Cornea oder Sklera zu erkennen. Das Auge war nach
Contactlinsen-Entnahme und bei den späteren Verlaufskontrollen
reizfrei und ohne Befund.

Fall 2: Contactlinsen-Träger F.D., 34 Jahre, Dokumentation
der Anpassung am linken Auge (OS)

Seit 11 Jahren ist F.D. Träger von weichen
Contactlinsen. Vor der Anpassung mit Orthokeratologie-Contactlinsen
wurden Monatslinsen getragen bei gutem Tragekomfort. Lediglich am
Abend kam es teilweise zu Trockenheitsgefühl. F.D. erfuhr durch
einen Bekannten, der bereits erfolgreich Orthokeratologie-Contactlinsen
trägt, von der Möglichkeit der reversiblen Reduktion von
Kurzsichtigkeit mit Hilfe formstabiler Contactlinsen.

Grunddaten des Auges (OS)

  • Subjektive Refraktion: -1.5 –0.25
    44° VisusCC 1.6
  • Zentrale Hornhautradien (gemessen mit
    dem klassischen, entfernungsunabhängigen Ophthalmometer): 8.24/
    4° 8.12/ 94°
  • Hornhautdurchmesser: 11.8 mm (horizontal
    sichtbarer Durchmesser der Iris)

Topographie
Abb 6: Topographie der Hornhaut vor der Anpassung mit Orthokeratologie-Contactlinse

Daten der Orthokeratologie-Contactlinse
nach dem Vorschlag des Herstellers (Galifa Contactlinsen/ Schweiz)
und Sitzbeurteilung

Daten:

  • Basiskurve: 8.7
  • Entlastungstiefe: 0.49 (Tiefe der reversen
    Zone [mm])
  • Radius peripher: 8.4
  • Durchmesser: 10.5
  • Material: Boston XO

Sitzbeurteilung
Abb 7: Sitzbeurteilung

Sitzbeurteilung (Abbildung 7)
Die Orthokeratologie-Contactlinse weist eine gute zentrale Auflagezone
von ca. 5 mm auf mit der daran anschliessenden reversen Zone. Die
Contactlinse sitzt etwas nach unten dezentriert, was auf die leicht
steile, periphere Auflagezone zurückzuführen ist. Die Bewegung der
Linse beim Lidschlag beträgt ca. 2 mm.

Vergleich des Sitzverhaltens mit einer
Orthokeratologie-Contactlinse mit flacherer peripherer Kurve

Um den Tränenaustausch unter der Contactlinsen
sicherzustellen und ein Festsaugen beim Tragen über Nacht zu vermeiden,
wurde eine Contactlinse mit einer um 1/10 mm flacheren, peripheren
Kurve gefertigt.

Daten der neuen Contactlinse:

  • Basiskurve: 8.7
  • Entlastungstiefe: 0.49 (Tiefe der reversen
    Zone [mm])
  • Radius peripher: 8.5
  • Durchmesser: 10.5
  • Material: Boston XO

Sitzbeurteilung
Abb 8: Sitzbeurteilung

Sitzbeurteilung (Abbildung 8)
Die neue Contactlinse mit der um 1/10 mm flacheren Peripherie zeigt
eine parallele, periphere Auflagezone und einen schönen Bevel. Zentrale
Auflagezone, Zentrierung und Beweglichkeit sind sehr gut.

Abgabe der Orthokeratologie-Contactlinse
(Radius peripher 8.5) und Kontrolle am frühen Morgen nach der ersten
Nacht
Die Contactlinse war am frühen Morgen nach der ersten Nacht
zentrisch und frei beweglich. Die erreichte Sehschärfe ohne weitere
Korrektion betrug 0.8 (VisusSC).
Mit der Überrefraktion von –0.75 dpt wurde eine Sehschärfe von 1.6
(-2) erreicht. Bei der Kontrolle am Nachmittag des selben Tages
zeigte sich ein leichter Rückgang von 0.5 dpt (Überrefraktion am
Nachmittag –1.25 dpt). Die Übergangskorrektion wurde mit Eintages-Contactlinsen
korrigiert. Eine stabile Sehschärfe am Abend ohne weitere Korrektionsmittel
wurde nach 10 Tagen erreicht. Die Cornea wies nach direkter Linsenentnahme
leichte Stippungen zentral auf (Tiefe und Ausdehnung Grad 1*). Bei
einer weiteren Kontrolle am frühen Morgen 10 Tage nach der Abgabe
der Contactlinsen waren keine Stippungen mehr zu erkennen.

Topographie
Abb 9: "Bulls-Eye"- Topograpie nach dem Tragen der
Orthokeratologie-Contactlinse (Radius peripher 8.5)

Tipp für die Praxis
Formstabile Contactlinsen, die über Nacht getragen werden
neigen dazu, am Auge zu kleben. Am Morgen festsitzende Orthokeratologie-Contactlinsen
sollten nicht toleriert werden, da der Festsitz der Contactlinsen
zu Abdrücken und Stippungen führt. Treten Stippungen höheren Grades
(>= Grad 2*) auf, dann ist eine häufige Ursache das Festsaugen
der Contactlinsen über Nacht. Um einen Festsitz möglichst zu vermeiden,
sollten Orthokeratologie-Contactlinsen (insbesondere die periphere
Zone) nicht zu steil angepasst werden.

Galifa Contactlinsen AG unterstützt Kontaktlinsenspezialisten.
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– wir beraten Sie gerne.

* nach Grading System CCLRU

Autorin dieses Artikels: Daniela Wegmann,
Dipl. Ing. (FH) Augenoptik

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