Erscheinungsformen einer Age-related distance esotropia (ARDET)

Wenige Studien beschreiben die Erscheinung einer altersbedingten Esotropie bei Blick in die Ferne. Diese Form der erworbenen Fehlstellung der Augen betrifft ältere Menschen und offenbart sich durch eine Esotropie, welche beim Blick in die Ferne größer ist als beim Blick in die Nähe. Bereits 2006 beschrieb Mittelmann in einer retrospektiven Studie Erscheinungsformen einer Age-related distance esotropia (ARDET) [1]. Jedoch gab es wenig Informationen zur fusionalen Amplitude und einem Divergenzdefizit bei einer bestehenden ARDET. In einer im April 2014 publizierten, retrospektiven Studie, wurden weitere 20 ARDET Betroffene erfasst und diesbezüglich untersucht [2].

In der aktuellen Studie von Oatts und Salchow wurden bei den 20 Personen neben der Augenstellung und Augenmotilität auch der Verlauf der ARDET analysiert [2]. Fusionale Amplituden wurden analysiert um zu ermitteln, ob ein Divergenzdefizit bei den mit ARDET Betroffenen vorliegen würde. Das durchschnittliche Alter der Betroffenen lag bei 77,5 Jahren, wobei der jüngste 59 und der Älteste 89 Jahre alt war. Der durchschnittliche Vcc lag bei 0,80. Der durchschnittliche Abweichungswinkel der Esotropie lag bei Fixation in der Ferne bei 5,50cm/m Basis außen – der Minimalwert betrug 2,00cm/m und der Maximalwert 18,00cm/m. Im Vergleich dazu war der durchschnittliche Ablenkungswinkel bei Fixation in der Nähe bei 2,50cm/m Basis außen – der Minimalwert betrug 3,00cm/m Exotropie, der Maximalwert 13,00cm/m.

Die fusionale Divergenzamplitude war bis auf zwei Personen bei allen Betroffenen vermindert. Die mittlere Amplitude bei Fixation in der Ferne betrug 4,50cm/m (Streuung 1,00 bis 11,00cm/m) für break und 2,00cm/m (Streuung 0,00 bis 9,00cm/m) für recovery. Bei fünf Personen war die fusionale Divergenzamplitude genau so groß oder sogar größer als die Esotropie-Abweichung. Die meisten der Betroffenen waren nach 1,5 Jahren hinsichtlich dieser Messungen stabil. 19 der Betroffenen wurden mit einer prismatischen Korrektur versorgt. Eine Person wurde chirurgisch durch eine Schieloperation versorgt.

Fazit

Zusammenfassend berichten die Autoren, dass in den meisten – aber nicht allen Fällen – einer Age-related distance esotropia (ARDET) ein Divergenzdefizit vorliegt. Erfreulich ist, dass bei den meisten Betroffenen mit einer prismatischen Korrektur Doppelbilder vermieden werden konnten.

Fraglich bei der Studie ist allerdings die Abgrenzung zu einer Divergence insufficiency, bei die Betroffenen eine dekompensierte Esophorie (nicht Esotropie) bei Fernfixation und eine geringere oder keine Esophorie bei der Nahfixation aufweisen [3,4]. Auch Mittelman [1] und Chaudhuri und Demer [5] verweisen darauf, dass es sich bei einer Age-related distance esotropia (ARDET) um einen sehr kleinen ESO-Winkel handelt. Letztere stellen in ihrer 2013 erschienen Publikation den Begriff age-related distance esotropia überhaupt in Frage.

Literaturquellen

[1] Age-related distance esotropia; Mittelman; J AAPOS. 2006 Jun;10(3):212-3.

[2] Age-related distance esotropia – fusional amplitudes and clinical course; Oatts, Salchow; Strabismus. 2014 Apr 22.

[3] Primary divergence insufficiency; Simpson; Trans Am Ophthalmol Soc. 1973; 71: 152–162.

[4] Prangen, Koch; Trans Am Ophthalmol Soc. 1937; 35: 136–148.

[5] Chaudhuri, Demer; Divergence Insufficiency Esotropia Is a Misnomer; JAMA Ophthalmol. Apr 2013; 131(4): 547–548

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