Der deutsche Bundesgerichtshof hat in einem höchstinstanzlichen Urteil den Vertrieb von Brillen bei Augenärzten untersagt. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs klagte ein Unternehmen, welches gemeinsam mit Augenärzten Brillen an dessen Patienten verkaufte. Die beklagte Firma stellte Augenärzten ihr System zur Verfügung, welches aus einem Brillensortiment und einem Computersystem zur individuellen Brillenanpassung besteht. Nach Eingabe der Patientendaten und Auswahl eines bestimmten Brillengestells in der Augenarztpraxis wurden diese Daten an die Brillenfirma übermittelt.
Bis zu 160 Euro Provision pro Brille an den Augenarzt
Für den Augenarzt stellte dies einen Verdienst neben seiner medizinischen Tätigkeit dar. Bestellte sein Patient eine Einstärkenbrille wurde eine Provision von 80 Euro, bei einem Kauf einer Mehrstärkenbrillen 160 Euro von der Brillenfirma an den Augenarzt ausbezahlt.
Der deutsche Bundesgerichtshof kam zur Auffassung, dass es eine unangemessene, unsachliche Einflussnahme auf die ärztliche Behandlungstätigkeit darstellt, wenn durch das Gewähren oder Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils darauf hingewirkt wird, dass Ärzte entgegen ihren Pflichten aus dem Behandlungsvertrag und dem Berufsrecht nicht allein anhand des Patienteninteresses entscheiden, ob sie einen Patienten an bestimmte Anbieter gesundheitlicher Leistungen verweisen.
Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht des Arztes
Mit dem geschilderten Vertriebssystem würde es so den traditionellen Versorgungsweg über den Optiker zu ersetzen. In diesem Zusammenhang urteilte das Gericht, dass die beklagte Brillenfirma mit der Vorgangsweise die Augenärzte zu einem berufswidrigen Verhalten anstiftet. Auch die Höhe der Provision war für die Entscheidung des BGH nicht relevant. Es kommt laut BGH nicht darauf an, ob die Vermittlungspauschale als eine der Höhe nach angemessene Entschädigung für den Aufwand angesehen werden kann, der durch die Arbeit zur Auswahl der Brille entsteht. Selbst wenn dies der Fall wäre, änderte sich nichts an der Beurteilung des gegen die Interessenwahrungspflicht des Arztes verstoßenden Verhaltens als unzulässig.
Selbstverständlich beruht dieses Urteil auf deutschen Gesetzen und entfaltet somit keine unmittelbare Wirkung auf ähnlich gelagerte Fälle in Österreich. Die Rechtslage in Österreich ist jedoch ähnlich und die Gerichte nehmen Tendenzen des jeweils anderen Staates gerne auf. Die relevantesten Aspekte dieses Urteil sind, dass das Gewähren oder Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils durch die Vermittlung von Brillenaufträgen Augenärzte zu einem berufswidrigen Verhalten anstiftet.