Gestern Abend fand im Wiener Hotel Wimberger eine Fortbildungsveranstaltung über praxisbezogene Fälle der optometrischen Praxis statt. Die beiden Vortragenden Dr. Andreas Berke und Anton Frank Msc veranschaulichten klassische Erscheinungsbilder am Auge und dessen adäquate Behandlung in deren optometrischen Praxis. Trotz Fussball Weltmeisterschaft war die Veranstaltung gut besucht – es reisten Optiker und Optometristen aus ganz Österreich an.
Dr. Andreas Berke, Dozent der HFAK (Höhere Fachschule für Augenoptik Köln)
Berke beschrieb in seinem Vortrag spezifische augenpathogene Zustände, deren Eigenschaften und Behandlung. So differenzierte er die unterschiedlichen Behandlungsmethoden bei viraler oder bakteriologischer Infektion. Ganz besonders wies der Vortragende darauf hin, dass bei einer Keratokonjunctivitis Epidemika keine Steroide angewendet werden dürfen. Weitere Themen Berke’s Vortrag umfassten Pathologien wie Herpes, Neugeborenen Konjunktivitis und das Trachom.
Großer Schwerpunkt seines Vortrages bildete den biologischen Ablauf einer allergischen Reaktion, welche sich im allgemeinen in einer Bronchokonstriktion (Asthma), Blutgefäßerweiterung (Rötung) und Nervenstimulierung (Juckreiz) äußert. Berke referierte in diesem Zusammenhang über Allergiepräparate wie zum Beispiel H1 Antihistaminika. Allerdings, so der Vortragende, reagieren die Mittel der 1. Generation auch mit Muskarin-Rezeptoren. Die ungewollte Beeinflussung der Muskarin-Rezeptoren führt unter anderem zu einer Verringerung der Tränenproduktion. Als weitere ungewollte Nebeneffekte können unter anderem Herzrasen, eine gestörte Darmfunktion und vor allem Müdigkeit auftreten. Neuere H1 Antihistaminika haben weniger Nebenwirkungen. Vorsicht soll beim Wirkstoff Terfenadin gegeben sein, der kadiotoxisch wirken kann.
Neben den H1 Antihistaminika kommen in der optometrischen Praxis auch Mastzellstabilisatoren zur Anwendung. Sie unterbinden die Histaminausschüttung, müssen aber lange vor dem auftretenden Kontakt mit Allergenen als Prophylaxe angewendet werden. Mastzellstabilisatoren sind in der Regel deutlich nebenwirkungsärmer, führte Berke aus.
Peter Gumpelmayer bei der Übergabe eines Gastgeber-Geschenkes
im Anschluss an den Vortrag von Dr. Andreas Berke
Den Schluss seines Vortrages widmete Berke blasenbildenden, mukokutanen Erkrankungen. Anschaulich wurden Fälle eines vernarbendes Phemphigoid und einem Steven-Johnson-Syndrom diskutiert. Behandelt werden diese Erkrankungen in der Regel mit Steroiden, Antibiotika und Tränenersatzstoffen.
Anton Frank Msc, Absolvent PCO, Absolvent ECOO
Anton Frank hat neben dem Master of Science auch das europäische ECOO Diplom abgeschlossen. Er lebt und arbeitet in Neuseeland als klinischer Optometrist zum Teil in seiner eigenen Praxis und in der restlichen Zeit an der Klinik in Hamilton. Aufgrund dieser Doppelfunktion hat Frank naturgemäß einen großen Erfahrungsschatz in Diagnostik und Therapeutik okulärer Pathologien.
Zum beruflichen Umfeld in Neuseeland berichtete Frank, dass die Kernkompetenz der Optometristen in der Refraktion, im Glaukom Screening und seit 6 Monaten nun auch in der Therapie von Augenerkrankungen liegt. Unter anderem wurde den Neuseeländer Optometristen 2004 von staatlicher Stelle der Health Innovation Award für ein Diabetes Fotoscreening Projekt verliehen. Seit 2005 gibt es in Neuseeland zwei „Arten“ von Optometristen, berichtete Frank. Die einen arbeiten neben der Refraktion und Kontaktlinsenanpassung im diagnostischen Bereich. Die andere Gruppierung hat zuden angeführten Leistungen das Recht therapeutisch tätig zu sein. Beide Optometristengruppen sind einer Fortbildungspflicht unterworfen, wobei die therapeutisch tätigen Optometristen jährlich einen höheren Fortbildungslevel vorweisen müssen gegenüber jenen die nur im diagnostischen Bereich arbeiten. Seit Juni 2006 dürfen die Optometristen in Neuseeland auch bei der Diagnose eines Katarakt durch den Optometristen, den betroffenen Patienten direkt auf die Operationswarteliste der chirurgisch tätigen Ophthalmologen setzen. Eine besondere Herausforderung dabei stellt laut Frank die Einschätzung einer AMD im Zuge einer Kataraktdiagnose dar.
Die Neuseeländischen Optometristen dürfen neben diagnostischen Präparaten wie Fluoreszein auch Medikamente wie Anästhetika, Antibiotika, Steroide, NSAID, Virustatika, Antiallergika und Glaukompräparate. Eine Einschränkung von staatlicher Stelle gibt es allerdings bei der Abgabe von Betablockern. Diese dürfen laut Frank nicht in allen Landabschnitten Neuseelands von klinischen Optometristen eingesetzt werden. Frank wies in diesem Zusammenhang auf die Nebenwirkungen von Betablocker hin. So senken sie unter anderem die Herzfrequenz, können Albträume, Impotenz und Haarverlust verursachen.
Hierzulande mag es noch schwer vorstellbar sein, dass es in Neuseeland viele Augenärzte begrüßen wenn klinische Optometristen in der täglichen Glaukomtherapie helfen. Mit dieser Einleitung ging Frank auch gleich auf den Effekt unterschiedlicher Glaukompräparate ein. Besonders hob er die Eigenschaften der mittlerweile weit verbreiteten Prostaglandine hervor.
Gut gehaltener Vortrag von Anton Frank Msc
Anschließend berichtete der Referent von einem öfter auftretenden Fall im Zusammenhang mir einer refraktiven Chirurgie. Er informierte über bakterizide Aminoglycoside, welche häufig postoperativ nach einer LASIK verordnet wurden. Diese können toxisch wirken und weißliche Absonderungen an der unteren Hornhaut-Hemisphäre verursachen. Ursache dafür ist, dass die Konzentrationen der Aminoglycoside durch den Lidschlag im unteren Bereich verstärkt werden.
Auch auf die Anwendung von Steroiden ging Frank in seinem Vortrag ein. Je nach Zusammensetzung können sie wenig oder stark durch die Cornea in die Vorderkammer eindringen. So wird zum Beispiel Pred Forte gerne bei einer Uveitis eingesetzt, da es gut in die Vorderkammer eindringt und dort wirksam wird. Hingegen kann zum Beispiel der Wirkstoff Fluriprofon bei Allergien eingesetzt werden, weil dieses Steroid eher nur an der Oberfläche des vorderen Augenabschnittes verweilt ohne ungewollt in die Vorderkammer einzudringen.
Der gefüllte Arabella Saal im Hotel Wimberger
Des weiteren berichtete Frank über eine neuseeländische Studie betreffend der Wirkung einer kombinierten Allergiebehandlung mit einer Kombination von Antihistaminika und Mastzellenstabilisator. Er wies dabei gesondert auf die sehr gute Wirkung des Medikamentes Patanol hin. Einen Lacher bekam Frank für seinen Seitenhieb zur Allergieprävention, weil viele Hausstaub-Allergiker immer noch farbige statt weißer Bettwäsche verwenden würden. Eine Wäsche bei 40 Grad erzeuge jedoch nur „saubere Milben“ statt tote Milben.
Mit vielen Spaltlampenfotos beschrieb Frank die Differenzialdiagnose zwischen einem Kontaktlinsen induzierten, peripheren Infiltrat versus einem Hornhautgeschwür.
Die Wasserqualität ist in Neuseeland nicht in allen Landstrichen so toll wie in Österreich. So befragt Frank im Zuge der Kontaktlinsenanpassung systematisch ob das Trinkwasser aus Tanks oder Frischwasserleitungen bezogen wird, um Acanthamöbenkeratitiden möglichst zu vermeiden.
Zum Abschluss seines Vortrages trug Frank noch zum Thema Glaukom vor. Er wies dieser Thematik einen besonderen Stellenwert zu, da klinische Optometristen häufig als erste Augenspezialisten ein Glaukom entdecken würden. Anhand von vielen Folien gab Frank Tipps zur optimalen Beurteilung der Cup/Disk Rate, der ISNT Konfiguration, betreffend Assymetrien mit dem anderen Auge und wie man Blutungen am besten ortet und dokumentiert. Gerade Blutungen sollten für den Ophthalmologen gut dokumentiert werden, da diese nach kurzer Zeit resorbiert werden können. Für den Glaukomspezialisten an den man überwiesen hat ist die Lage der Blutung jedoch nicht unwichtig.
Die Pause und die gemeinsame Zeit im Anschluss des Vortrages wurde zu intensiven Diskussion zwischen den Besuchern und mit den Vortragenden genutzt.
Weiterführende Literatur vom Vortragenden Dr. Andreas Berke:
Allgemeinerkrankungen und das Auge
Noncontact-Tonometrie und Automatische Perimetrie
Screening – Prüfmethoden der Optometrie
Kontaktlinsenhygiene