Sehtrainings und Augenübungen werden in Österreich bei einem Großteil der Fachwelt kritisch beäugt. Dies hat die Ursache wohl darin, dass in Gegenwart und Vergangenheit so mancher „Sehtrainer“ Betroffenen eine Verringerung der Myopie oder Presbyopie in Aussicht gestellt haben. Die Fachwelt steht dem zu Recht kritisch gegenüber. Es gibt jedoch durchaus sinnvolle und hilfreiche Sehtrainings, wie zum Beispiel bei einem zu hohen oder zu niedrigen ACA Quotienten. Ein neues Buch aus der inform Schriftenreihe befasst sich mit dieser außerst sinnvollen Methodik.
Was kann mit Visualtraining erreicht werden?
Individuell aufbereitete Übungen unter Supervision speziell ausgebildeter Augenoptiker können Mitbürgern mit Akkommodations-Störungen oder Abweichungen vom Idealfall des Akkommodations-Konvergenzverhältnisses (anomaler ACA-Quotient) eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität ermöglichen. Für das Erkennen welche Störung im speziellen Fall gerade vorliegt, sind jedoch profunde binokulare Kenntnisse notwendig. Darüber hinaus muss ein Wissen betreffend der einzelnen Sehtrainings-Tests und Ihrer sinnvollen Einsätze vorhanden sein. Auch das Erstellen eines genauen Trainingsplans ist von eminenter Bedeutung.
Das vorliegende 103 Seiten starke Büchlein gewährt einen sehr guten, ersten Überblick über das Gebiet des Sehtrainings und hilft gut verständlich beim Einstieg in diese Materie. Für die Durchführung von Sehtrainings sollte auch noch weitergehende Literatur herangezogen werden. So ist zum Beispiel auch das Wissen über möglichen Pathologien im Zusammenhang mit den genannten Störungen relevant. Diese sollten im Rahmen der Beurteilung des Klienten – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einem Ophthalmologen – berücksichtigt werden.
Testmethodiken
Zur Beurteilung vorliegender Störungen werden Testmethodiken wie Kopfhaltung, Lidpositionen, Motilität, Hirschbergtest, Brücknertest, Covertest und Polatest erklärt. Weitergehend wird auf die im Zusammenhang mit Visualtraining relevanten Störungen wie Konvergenzexzess, Konvergenzinsuffizienz, Divergenzinsuffizienz, Divergenzexzess und akkommodative Fehlbeträge eingegangen. Ein Musterprotokoll erleichtert den Einstieg in die Untersuchungsmethodik.
Trainingsmethoden
Die letzten drei Kapitel des Heftes befassen sich mit den unterschiedlichen Sehübungen. Ein ausführliches Literaturverzeichnis animiert Interessierte zum tieferen Einstieg in die Materie.
Begleitende Grundlagen
Zur besseren Verständlichkeit der Physiologie des Sehen werden im vorliegenden Büchlein auch augenoptische Phänomene wie der Gesichtsfeldausfall bedingt durch den Sehnervenausfall, die laterale Hemmung, die Flächenkontrastverstärkung, das perzeptive Sehen, die Efferenzkopien der Augenmuskelinnervation, das Pulfrich Phänomen und die Größenwahrnehmung von einem Objekt in unterschiedlichen Entfernungen an „Täuschungsbildern“ zum selbst ausprobieren augenscheinlich gemacht.
Inhalt
- Anatomische und physiologische Grundlagen
- Beidäugiges Sehen
- Störungen des beidäugigen Sehens
- Untersuchungen des beidäugigen Sehens
- Optimierung des visuellen Apparates
- Gang einer Untersuchung und Aufbereitung der Messwerte
- Trainingspläne
- Literatur- und Bild-Quellenverzeichnis und ein Auszug aus den Arbeitsrichtlinien für das Augenoptikerhandwerk
Fazit
„Funktionaloptometrie und Visualtraining“ ist ein ausgezeichnetes Büchlein zum Einstieg in die Materie des Sehtrainings bei akkommodativen und vergenzbedingten Störungen. Der Autor, Diplomphysiker und Augenoptikermeister Oliver Wondratschek, hat es geschafft in 103 Seiten einen anschaulichen Überblick zu dieser Thematik zu geben. Für die Anwendung am Klienten sei das Studium weitergehender Literatur angeraten. „Funktionaloptometrie und Visualtraining “ ist im DOZ Verlag erschienen, kostete zum Zeitpunkt dieses Artikels 24,90 Euro zuzüglich Versandkosten und kann bequem online bestellt werden.