Individual Vario… individuell wie nie?

Die Versorgung von Leseschwächen lässt in letzter Zeit zunehmend neue Innovationen in der optischen und augenoptischen Industrie auf dem Markt kommen. Mit der Kenntnis der Chancen, welche dieser stark wachsende Markt bietet, führt mittlerweile jeder renommierte Anbieter aus der Kontaktoptik ein Segment mit Mehrstärken Contactlinsen. Dieses Thema wird auch ausserhalb der Kontaktoptik, wie bei Intraokularlinsen oder der refraktiven Chirurgie, verstärkt betrachtet.

Unsere tägliche Arbeit im Professional Service lässt aus der Vielzahl Ihrer Anfragen erkennen, dass sowohl der Umgang mit dem betroffenen Klientel als auch die in Aussicht gestellten Erfolgschancen mit diesem Linsentyp immer besondere Herausforderungen für den Anpasser darstellen.

Die genaue Kenntnis spezifischer Anforderungen des Contactlinsenträgers an sein Sehen ist von entscheidender Bedeutung. Das Erfassen individueller, physiologischer Gegebenheiten sowie die zielgerichtete Umsetzung in ein Produkt das den Erwartungen entspricht und individuell gefertigt wird, stellt dabei massgeblich den Weg zum Erfolg dar. So ist es immer wieder in unseren beratenden Tätigkeit zu erkennen, dass der Umgang mit multifokalen Contactlinsen einen Umgang mit hoch individuellen Produkten darstellt. So individuell wie der Träger der Contactlinsen.

Die Zahlen sprechen dafür. So sind in 2009 18% aller weichen individuellen Contactlinsen von Ihnen multifokal bestellt worden. Dies bestärkt uns in der Annahme, dass sich ein klarer Trend zu individuellen Contactlinsen abzeichnet. Also sind Faktoren wie

  • individuelle Berücksichtigung anatomischer Besonderheiten
  • individuelle Anpassung astigmatischer Komponenten
  • individuelle Materialwahl
  • individuelle Nah/Fernzonengrössen
  • individuelle Zonenaufteilung

wichtige Faktoren die einen Erfolg mit multifokalen Contactlinsen schneller herbeiführen. Wir möchten Ihnen mit diesem Artikel im optikum die Ist-Situation der Individual Vario Contactlinsen, sowie einen Leitfaden zur effizienten Anpassung darstellen. Ein kleiner Ausblick zur weiteren geplanten Individualisierung dieser Linse wird dann von einem Blick in die Forschung multifokaler Systeme abgerundet.

Individual Vario und Vario Invers

Individual Vario und Vario Invers sind individuelle weiche Contactlinsen, die nach dem Simultanprinzip arbeiten. Der Aufbau der Rückfläche entspricht der monofokalen Variante. So, dass die Contactlinse jedem Auge individuell angepasst werden kann. Vario und Vario Invers sind auch als torisch prismatische (TP) und torisch dynamische (TD) Linse erhältlich. Durch die individuelle Anpassung der Rückfläche und durch die gezielte Wahl des Stabilisationssystems bei torischen Contactlinsen können eine optimale Zentrierung, Bewegung, Benetzung und eine sichere Stabilisation erzielt werden. Dies sind Grundlagen für das Funktionieren des simultanen Systems.

Vario und Vario Invers sind trifokal, konzentrisch aufgebaut. Entweder die Nähe (Vario) oder die Ferne (Vario Invers) zentral wird zentral angeordnet. Die zentrale Zone kann in ihrem Durchmesser frei gewählt werden, abhängig von Pupillengrösse, Führungsauge und den Sehanforderungen. Die zentrale Zone beinhaltet zu 80% die reine Nähe bzw. Ferne und zu 20% die Zwischendistanz. Auch dieses Verhältnis kann individuell angepasst werden, um z.B. das Sehen in der Zwischendistanz zu optimieren.

Vario und Vario Invers
Abb-1: Aufbau der Vario (links) und der Vario Invers (rechts)
Die weichen Mehrstärkenlinsen von Galifa
Trifokaler konzentrischer Aufbau in großer Produktvielfalt

Sitzoptimierung durch individuelle Faktoren

Die Innenoptikzone und periphere Gestaltung von Individual Vario Contactlinsen Die Rückfläche der Individual Vario/Vario Invers ist 2-kurvig aufgebaut. In der Standardausführung werden sie mit einer Innenopticzone (IOZ) von 11mm gefertigt. Der Anpasser kann durch eine geschickte Wahl der IOZ eine gute Zentrierung der Contactlinse auf der Hornhaut erlangen. Galifa empfiehlt die IOZ 0,5mm kleiner als den horizontal gemessenen Hornhautdurchmesser zu bestellen.

Anpassung der Innenoptikzone
Abb-2: Wahl der richtigen Innenoptikzone

Die 2-kurvige Rückfläche erlaubt Ihnen, die Peripherie unabhängig vom zentralen Radius anzupassen. Dadurch werden individuelle Profile des Übergangs der Hornhaut zur Sklera berücksichtigt und die Linse kann auf der Sklera optimal angepasst werden.

Corneo Skleral Profil
Abb-3: Die Formen des Corneo Skleral Profils

Wenig Aufwand…viel Erfolg

Die schnelle, zielgerichtete Anpassung der Individual Vario mit kleinem Anpass-Satz Tatsächlich erlaubt Ihnen die Individual Vario durch die unterschiedlichsten Parameter, auf die Sie Einfluss nehmen können, eine Vielzahl von Möglichkeiten. Um möglichst schnell und effizient die ideale Contactlinse für Ihren Kunden zu bestimmen, empfehlen wir die Anpassung mit Hilfe von Messlinsen aus einem Anpass-Satz durchzuführen. Ein Anpasssatz mit nur 10 Contactlinsen hat sich in unserem Anpassinstitut sehr gut bewährt. Der Satz besteht aus Linsen mit der Basiskurve 7,8 – 8,6 (0,2mm Schritte). Der Linsendurchmesser ist mit 14mm vielfältig nutzbar. Die Wirkung der Anpasslinse ist plan. Add 2.0.

Die Linsen werden von Galifa mit einem Zentrierkreis versehen. Das ist bei allen Individual Vario/Vario Invers Contactlinsen möglich. Der Zentrierkreis lässt eine Aussage über die Zentrierung der Linse gegenüber der Pupille zu. Die Nahzonengrösse beträgt 2,25mm für das ferndominante Auge und 2,75mm für das Begleitauge.

Zentrierkreis

Abb-4: Zentrierkreis auf einer Individual Vario Contactlinse

Bei guter Zentrierung der Nahzonen vor der Pupille ist, mit der kleinen Nahzone auf dem Führungsauge, monokular ein gutes Abschätzen der Akzeptanz des simultanen Seheindruck und der Zonengrösse möglich. Zeigt die gut zentrierte, bewusst gross gewählte Nahzone auf dem Begleitauge monokular keine ausreichende Unterstützung in der Nähe bleibt zu entscheiden, ob der Contactlinsenträger für simultan, multifokale Contactlinsen geeignet ist. Genauso ist auf dem ferndominanten Auge mit kleiner Nahzone die Beeinflussung der Sehleistung in der Ferne monokular gut abzuschätzen. Die Fernpunktrefraktion wird über die Contactlinsen mit der Probierbrille ausgeglichen.

Einflüsse auf die Qualität der Sehleistung

Inakzeptabler Kontrastverlust durch dezentrierte Nah,-Fernzonen.

Dezentrierte Pupillenlagen
Abb-5: Dezentrierte Nahzone

Auswirkungen dezentrierter Nahzonen
Abb-6: Dezentrierte Nahzone

Die Lage der durch den Zentrierkreis markierten Nah,-Fernzone kann trotz einer mittig platzierten CL auf der Hornhaut, gegenüber der Pupille dezentriert sein. Grund dafür ist eine anatomische Besonderheit. Die Pupillenmitte ist in vielen Fällen gegenüber der geometrischen Mitte der Hornhaut verschoben.

Um die Häufigkeit einer dezentrierten Pupille sowie die Höhe der Dezentration zu bestimmen, haben wir zwei Mess-Systeme auf Genauigkeit sowie Reproduzierbarkeit überprüft und miteinander verglichen.

Erfassung der Pupillenzentrierung mit dem Keratographen

Während der Messung mit dem Keratographen setzt das System einen Messpunkt in die Mitte der auf der Hornhaut abgebildeten Placidoringe (=Hornhautzentrum). Lage von Limbus und Pupille werden durch einen definierten Kontrastverlauf ebenfalls automatisch vom System bestimmt. Diese 3 Punkte (Hornhautzentrum, Pupillenränder und Limbus) dienen als Bezugspunkte, um die Pupillendezentration im Vergleich zum Hornhautzentrum zu bestimmen. Die Lage der geometrischen Pupillenmitte wird ausgehend vom Hornhautzentrum in x und y Koordinaten angegeben.

Bezugspunkte zur Messung der Dezentration

Abb-7: Die Bezugspunkte zur Messung der Dezentration

Die so ermittelten Daten werden vom System automatisch in der Datei Center.OD / Center.OS abgelegt. Diese Datei lässt sich während der Arbeit am Keratographen mit dem Pfad [explorer/c./TOPO/Center.OD/OS] finden. Die Daten werden als Koordinaten mit den entsprechenden Vorzeichen im Koordinatensystem angegeben. Weiter enthält dieses Tool auch Angaben zum Hornhaut,- und Pupillendurchmesser. Um zukünftig schneller über diese Daten zu verfügen wird nach Rücksprache mit Oculus eine schnellerer Zugriff auf dieses Tool geplant.

WordPad
Abb-8: Center.OD/OS WordPad

Erfassung der Pupillenzentrierung über Messungen am Limbus

Diese Methode stellt eine manuell durchzuführende Alternative zu der automatischen Messung dar. Der Keratograph zeigt unter [Darstellungen / Kamerabild] eine Ansicht des gemessenen Auges ohne andere Daten einzublenden. Die Messung erfolgt manuell an den schraffierten Linien. Diese Linien zeigen die Lage von Limbus und Pupille. Dort werden die Messpunkte mit dem Mauszeiger markiert zu dem gewünschten Messpunkten an der Pupille geführt und abgelesen. Aktuelle Softwareversionen ermöglichen die genaue Positionierung der Messpunkte durch eine Lupenfunktion über dem Mauszeiger.

Manuelle Vermessung
Abb-9: Manuelle Vermessung

Diese Methode lässt eine einfache Berechnung und Abschätzung der Pupillendezentration zu. Um die Genauigkeit beider Methoden miteinander zu vergleichen haben wir an 14 Augen Messungen mit beiden Systemen durchgeführt und die Ergebnisse in Abbildung 10 dargestellt.

Manuelle vs. Keratographenmessung
Abb-10: Manuelle vs. Keratographenmessung

Die Genauigkeit der manuellen Messung ist sehr ähnlich zu der Genauigkeit der automatischen Messung.

Die Häufigkeit der Pupillendezentrierungen

Wir haben 98 Messungen durchgeführt um die Häufigkeit von dezentrierten Pupillen festzustellen. Das Ergebnis zeigt einen klaren Trend zu nasal und superior verschobenen Pupillenlagen.

Verteilung der Pupillenlagen

Verteilung der Pupillenlagen

Abb-11: Verteilung der Pupillenlagen

Etwa 30% der Pupillen sind horizontal um 0,5 mm nasal dezentriert und ca. 18% weisen eine Dezentration von 0,1mm nach oben auf.

Individual Vario…individuell wie nie?

In der täglichen Praxis sowie bei der Beratung im Professional Service zeigt sich die Problematik der dezentrierten Pupillenlagen oft bestätigt. Es gibt trotzdem immer wieder Fälle bei denen trotz solcher Pupillenlagen ein akzeptabler Fern-, oder Nahvisus erreicht wird. Die Funktion simultan, multifokaler Contactlinsen ist allerdings nur dann optimal wenn die zentralen Zonen zentrisch vor der Pupille zum liegen kommen.

Galifa ist bestrebt individuelle Sehanforderungen und individuelle anatomische Besonderheiten noch besser aufzugreifen, um Ihnen individuelle Lösungen anzubieten zu können. Diese sollen dazu führen, dass Sie in Zukunft Ihr presbyopes Klientel noch erfolgreicher versorgen können.

Galifa hat investiert… Ein neuer Maschinenpark wird zukünftig noch individuellere Gestaltungen wie z.B. dezentrierte Nahzonen bei Vario Contactlinsen zulassen. Diese Nahzonen lassen sich dann individuell zur Pupille platzieren. Zur Stabilisierung dieser Contactlinsen könnten prismatische oder dynamische Stabilisationssysteme genutzt werden.

Ein Stück mehr Individualität…

Konsequenzen aus physiologischen Besonderheiten der Retina zur Zentrierung optischer Systeme vor der Pupille

Der Stiles-Crawford Effekt

Dieser Effekt beschreibt die Abhängigkeit der empfundenen Lichtstärke vom Öffnungsdurchmesser der Pupille. Diese Abhängigkeit ist dadurch begründet, dass Strahlenbündel welche am Rand der Netzhaut auftreffen weniger wirksam sind als diejenigen, welche auf das Zentrum wirken. Die empfundene Lichtstärke ist mit einer Art Hohlleitereffekt zu erklären. Er führt dazu das vornehmlich Licht welches parallel zur Ausrichtung der Rezeptoren einfällt passieren kann. Das hat zur Wirkung, dass Lichtstrahlen die nahe der Pupillenmitte das Auge passieren heller wahrgenommen werden als randnahe Lichtstrahlen. Der positive Effekt hierbei ist, dass Abbildungsfehler durch randnahe Lichtstrahlen ausserhalb der optischen Achse reduziert werden.

Bei diesem Effekt entwickelt sich eine neue Zentrierungsgrundlage für optische Systeme vor der Pupille. Es entsteht neben der geometrischen Mitte der Pupille die sogenannte lichtenergetische Mitte der Pupille. Das Stiles-Crawford Maximum.

Bei diesem Effekt entwickelt sich eine neue Zentrierungsgrundlage für optische Systeme vor der Pupille. Es entsteht neben der geometrischen Mitte der Pupille die sogenannte lichtenergetische Mitte der Pupille. Das Stiles-Crawford Maximum.

Abb-12: Position der lichtenergetischen Mitte

Mögliche Konsequenzen zum Stiles-Crawford Effekt für die Zentrierung

Das Stiles-Crawford Maximum

Eine wesentliche Einflussgrösse auf die Akzeptanz multifokaler Contactlinsen ist die Wahrnehmung ausreichenden Kontrastes unter dem das fixierte Objekt neben den vielen simultan abgebildeten Bildern vom Hirn selektiert und verarbeitet werden kann. Der Stiles-Crawford Effekt könnte eine neue Zentrierungsgrundlage als lichtenergetische Pupillenmitte darstellen, die nicht mit der geometrischen Mitte korreliert und somit simultan, multifokalen Systemen zu weniger Kontrastverlust verhelfen kann.

Stiles-Crawford Maximum
Abb-13: Abhänigkeit von Pupillengrösse vs. Stiles-Crawford Maximum

Blick in die Forschung multifokale Systeme

Die Omni-Fokale refraktive Contactlinse oder Intraokularlinse

Galifa möchte Ihnen einen Blick in die umfangreiche Forschung zu dem Thema „Sehen mit multifokalen optischen Systemen“ präsentieren. Der folgende Ansatz basiert auf diffraktiven (beugungsbedingten) verfeinerten Methoden zum Erzeugen eines Bildkorridores welcher eine grössere nutzbare Tiefenschärfe verursacht.

Farbüberlagerungen durch Interferenzen
Abb-14: Farbüberlagerungen durch Interferenzen

Dieses System erzeugt keinen Brennpunkt sondern einen Bildkorridor von 1mm. Dies entspricht einer Schärfentiefe von 3dpt und erzeugt somit eine scharfe Abbildung von unendlich bis 30cm. Das System ist unkritisch bei Dezentrierung was einen entscheidenden Vorteil für Contactlinsen und Intraokularlinsen darstellt. Das Kontrastsehen bleibt weitestgehend unbeeinflusst und es gibt keine Einschränkungen des Gesichtsfeldes. Die Verwendung kann bei Contactlinsen, IOLs und Brillengläsern erfolgen.

Abbildungen an EDOF
Abb-15: Abbildungen an EDOF

All diese Vorteile prädestinieren dieses System für multifokale optische Systeme. Es zeigt neue Perspektiven Presbyopien erfolgreicher ohne störende, kontrastmindernde Einflüsse zu versorgen. Galifa wird auch diese Entwicklungen für Sie mit grossem Interesse verfolgen und Sie weiter informieren.

Weitere Informationen

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