Medizinprodukteabgabe benachteiligt österreichische Betriebe gegenüber Onlineversand

Österreichs Kontaktlinsenoptiker klagen seit Jahren über die im Jahr 2011 eingeführte Medizinprodukteabgabe, die sich seither pro Jahr und Unternehmen von ein paar hundert bis ein paar tausend Euro zu Buche schlägt. Zudem wurde die Abgabe für weitere Betriebsstätten mit 2016 saftig erhöht. Die nicht selten als Abzocke empfundene Gebühr führt zudem zu einem ganz weiteren Ärgernis wenn man die Konkurrenz zum Onlineversandhandel im Ausland betrachtet.

So liefern ausländische Onlinehändler Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemittel ohne Beratung vor Ort an österreichische Konsumenten. Neben dem gegenüber dem stationären Kontaktlinsenoptiker fehlenden Beratungsmangel mit etwaigen Auswirkungen bei nicht angepassten Kontaktlinsen oder falsch verwendeten Pflegemitteln, darf man sich auch die Frage stellen ob diese Händler auch eine Medizinprodukteabgabe leisten.

Parlamentarische Anfrage zur Medizinprodukteabgabe

In einer parlamentarischen Anfrage von Nationalratsabgeordneten Gerald Loacker (NEOS) wurde unter anderem die Frage gestellt, ob die Bevorzugung des Online-Handels beabsichtigt wäre und falls nicht, wieso dies dann aber offensichtlich praktisch geschehe.

Das Gesundheitsministerium – gezeichnet Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc – gab zu dieser Frage die Antwort, dass „die in der Anfrage dargelegte Ansicht, der Onlinehandel mit Medizinprodukten sei von der Medizinprodukteabgabe nicht erfasst, falsch ist und jeglicher Grundlage entbehrt. Vielmehr entsteht, wie auf der Homepage des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen eindeutig nachlesbar, die Verpflichtung zu Entrichtung der Medizinprodukteabgabe bei derjenigen natürlichen oder juristischen Person, die an die/den Letztverbraucher/in in Österreich abgibt. Somit sind auch na-türliche oder juristische Personen, die aus dem Ausland an Letztverbraucher/innen in Österreich abgeben, vom Geltungsbereich der Medizinprodukteabgabenverordnung umfasst.

Mehr als fragwürdig: Zahlen Onlineversender außerhalb Österreichs an die österreichische Behörde eine Medizinprodukteabgabe?

Konkret bedeutet dies, dass alle nach Österreich liefernden Onlinehändler von Medizinprodukten ab einen Jahresumsatz ab 25.000 Euro (je nach Klasse) Abgaben an den österreichischen Staat abzuliefern hätten. Jene nach Österreich liefernden Onlinehändler unter der Betragsgrenze müssten sich wohl, wie alle anderen in Österreich mit Medizinprodukten Umsatz generierenden Betrieben, beim österreichischen Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen deklarieren.

So liest sich auf der Homepage des Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, dass „jede natürliche oder juristische Person, die Medizinprodukte an den Letztverbraucher abgibt, sich zur Bezahlung der Medizinprodukteabgabe zu deklarieren oder eine Begründung für eine Abgabenbefreiung an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu übermitteln“ habe.

Interessant wäre es zu wissen, wie viele im Ausland ansässige Onlinehändler in Österreich eine Medizinprodukteabgabe leisten und wie der Staat – um Gerechtigkeit gegenüber inländische Betriebe zu gewährleisten und diese im Wettbewerb nicht zu benachteiligen – zu einer Abgabe zu bewegen. Vielleicht wird dies ja noch mittels einer weiteren parlamentarischen Anfrage geklärt.

Einmal mehr zeigt sich, dass ein Alleingang im Gebühren- und Abgabendschungel eines einzelnen Landes in der europäischen Union unfair und wettbewerbsverzerrend zu Lasten einer lokal eingeschränkten Gruppe gehen kann. In diesem Fall erleiden die Kontaktlinsenoptiker wohl einen spürbaren Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Onlineversand außerhalb Österreichs Grenzen.

=> Die komplette Anfrage an das Gesundheitsministerium und deren Antwort finden Sie zum Download im Archiv der Parlamentsdirektion.

=> Internetseite des österreichischen Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen, AGES Medizinmarktaufsicht