Samstag 4. Juni fand das jährliche OHI Update in der Wiener Urania statt. Über 100 Augenoptiker, Hörgeräteakustiker und Partner der Industrie nahmen am mittlerweile etablierten Fortbildungstag teil. In zwei Sälen fanden parallel jeweils vier Vorträge zu den Fachgebieten Optometrie und Hörakustik statt. In Ihrer Eröffnungsrede gaben die beiden OHI Geschäftsführer Walter Gutstein und Harald Belyus bekannt, dass das Lehrgangsangebot am OHI mit einem Vorbereitungslehrgang zur Augenoptiker Meisterprüfung komplettiert wurde.
Berufsbegleitender Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung Augenoptiker am OHI
„Der Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung im Gewerbe Augenoptiker startet am 23. Jänner 2017 und wird berufsbegleitend über zwei Jahre in 15 Wochen zu je ein bis zwei Wochenblöcke abgehalten. Neben einem intensiven theoretischen Unterricht und begleitenden eLearning Modulen, werden die Teilnehmer/innen in praktischen Refraktions-Workshops und Werkstatttrainings nebst einer Projektarbeit optimal auf die Meisterprüfung vorbereitet“, erklärte Gutstein anhand des dem Auditorium präsentierten Syllabus.
Der komplette Vorbereitungslehrgang kostet 16.500 Euro inklusive Steuern, Skripten und Übungsmaterialien. „Das für diesen Vorbereitungslehrgang überdurchschnittlich breit aufgestellte Trainerteam umfasst neben 14 Augenoptikermeistern auch mehrere Ärzte unterschiedlicher Fachgebiete. Neben perfekt aufbereiteten Skripten werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch Fachliteratur in Form von Büchern zur Verfügung gestellt. Diese sind bereits in den Kurskosten enthalten“, betonte Belyus. „Der Vorbereitungslehrgang ist ab sofort auf der Homepage www.ohi.at einsehbar und für maximal 25 Personen buchbar“, ergänzte Gutstein.
Fotos: Helena Katharina Wimmer
Nach der Begrüßung und Einleitung wurde das Wort den Referenten vom OHI Update 2016 übergeben. Die Vorträge fanden parallel in zwei Sälen statt – die Teilnehmer/innen konnten somit je nach Interesse vier der acht Update Vorträge zu den Themen Augenoptik und Hörakustik besuchen.
Augenoptik / Optometrie Vorträge
Dr. phil. Isabella Kravarik-Stelzer
Umgang mit chronischer altersassoziierter Erkrankungen am Beispiel der AMD
Dr. Kravarik-Stelzer beleuchtete in ihrem Vortrag die Auswirkungen und Behinderungen im Alltag von älteren Menschen mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD). Auf Grund von verschiedenen Interviews konnte Kravarik-Stelzer feststellen, dass die betroffenen Personen oftmals die Sehverschlechterung bedingt durch eine AMD eher als Faktum des Älterwerdens wahrnehmen denn als Krankheit. Sie entwickeln Strategien um ihre Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu bewahren. In Folge nehmen sie Hilfe von Personen, als auch Unterstützung durch optische und technische Hilfsmittel an. Aufgrund der sehr einfachen Erreichbarkeit, erwarten Betroffene gerade von Augenoptikern und Optometristen oftmals die erste intensive Aufklärung über ihre Sehveränderungen. Augenoptiker und Optometristen können mit dem Amsler-Test Verschlechterungen der Krankheit erkennen und dementsprechend auf den raschen Besuch eines Ophthalmologen initieren.
Michael Baertschi, PhD (Biomedicine), M.Sc.Optom. et M.med.Education, FAAO
Anpassstrategien für multifokale Kontaktlinsen
Der Schweizer Optometrist Michael Bärtschi, PhD gab viele Einblicke in die Anpassung von multifokalen Kontaktlinsen. So bringt die Änderung von +0,25 dpt in der Ferne oft ein bequemes und funktionierendes Fernsehen mit dem Gewinn eines besseren Nahvisus bei dadurch geringerer notwendiger Addition. Er empfahl bei den simultanen Systemen drei unterschiedliche Designs vorrätig zu haben, da mit einem Design nicht alle optometrischen Voraussetzungen und Bedürfnisse des Presbyopen abgedeckt werden können. Beim Anpassvorgang riet Bärtschi zuerst die Herstellerempfehlung zu befolgen. Erst wenn diese nicht zum Erfolg führen solle man beginnen „kreative Lösungen“ in der Anpassung zu suchen. Nicht selten ergeben sich bei Presbyopiekontaktlinsenkunden Zusatzverkäufe, wie einer Brille zum Lesen von sehr kleinen Texten oder einer Brille zum Autofahren in der Nacht.
Dieter Medvey, MSc
Nachtmyopie, Blendungen und Sicherheit im Straßenverkehr
Das Thema Autoverkehr und Blendung behandelte der autobegeisterte Optometrist Dieter Medvey, MSc. Aus seinem Vortrag ging heraus, dass sich die Lichtspektren der Scheinwerfer im Laufe der Zeit aufgrund der unterschiedlichen Emissionstechnologien immer mehr mit Spitzen in den blauen Bereich verschoben haben. Ebenso stellte er fest, dass Nachtblindheit eine seltene Krankheit ist und nahezu immer mit einer Nachmyopie verwechselt wird. Häufig seien Kontrastreduktionen und Blendungen die ursächlichen Probleme beim nächtlichen Autofahren. Die Bevölkerung sollte sensibilisiert werden entsprechende Brillen beim Lenken des Fahrzeugs zu verwenden, welche auf die speziellen Bedürfnisse des Sehens im Straßenverkehr angepasst und adaptiert sind. Medvey stellte in diesem Zusammenhang neue Gleitsichtglasdesigns und Entspiegelungstechnologien vor.
Markus Edelmann
Vom Kunden zum Stammkunden. Das Geheimnis der 3 B’s
Der Schweizer Verkaufstrainer Markus Edelmann zeigte Strategien welche durch einfache Mittel Kunden zu begeisterten Kunden machen. So ist mit einer mutigen, unkonventionellen Fragestellung der Kunde überrascht und der Beziehungsaufbau mittels ironischer Ansätze wesentlich erleichtert. Das Fachwissen der Augenoptiker und Optometristen sollte sich nicht nur auf die Optik und Kontaktlinse sondern auch auf Fremdsprachen, Wissen um das Verkaufen, neue Medien und vieles mehr beziehen. Edelmann empfahl den Kunden als Gast und sich selbst als guten Gastgeber zu sehen. Überrascht man Kunden mit kleinen persönlichen Geschenken, so bleibt diese Geste oftmals lange im Gedächtnis des Kunden positiv verankert.
Hörakustik Vorträge
Mag. Esther Rois-Merz
Maßgefertigter Gehörschutz. Geltende Richtlinien, Anwendungsgebiet und Überprüfungs-Möglichkeiten
In Ihrem Vortrag berichtete Mag. Rois-Merz über Bauformen von Gehörschutz und über Ihre Publikation, für die sie 2012 den Förderpreis der Europäischen Union der Hörgeräteakustiker gewann. Von der Watte (Typ IV) bis hin zum maßgefertigten Gehörschutz mit Filtersystem (Typ I) wurden alle Vor- und Nachteile der einzelnen Bauformen erläutert. Um die Funktion des Gehörschutzes nachzuweisen, zeigte Sie diverse Überprüfungsmöglichkeiten die sowohl subjektiv, als auch objektiv durchgeführt werden können. Eine der einfachsten Relevanztests stellt die Aufblähkurve im Freifeld mittels Schmalbandrauschen dar, die jeder Hörgeräteakustiker in seinem Fachgeschäft durchführen kann. Abschließend wurde aufgezeigt, dass ein individuell angepasster Gehörschutz der effektivste Schutz für den Träger ist. Art, Hersteller und Eigenschaften des Filterelements muss tunlichst mit dem Träger individuell ausgewählt werden.
Mag. Saleh Siddiq
Psychoakustik aus physiologischer Sicht
Der Vortrag von Mag. Saleh Siddiq befasste sich mit den psychoakustischen Grundlagen der Musikwahrnehmung. Die Arbeitsweise des gesunden Gehörs zu verstehen ist Vorrausetzung dafür, um bei einer Hörminderung gezielt Abhilfe zu leisten. Dafür sind psychoakustische Grundkenntnisse unerlässlich. Die Psychoakustik befasst sich neben den Fähigkeiten und Grenzen des Gehörs vor allem mit der Beziehung zwischen Schallreiz und Hörempfindung. Zu Beginn des Vortrags wurden die speziellen Anforderungen, die Musik an das Gehör stellt dargelegt. Im Kern wurden einige der zentralen Verarbeitungstrategien des Gehörs erläutert. Dabei standen besonders diejenigen Prozesse im Vordergrund, die zum Einen für die Musikperzeption bedeutsam sind und zum Anderen bei der Hörgeräteentwicklung im Fokus stehen. Dies sind unter anderem die Mechanismen des räumlichen Hörens, die Verarbeitung in Frequenzgruppenbreiten, sowie die damit verbundene Simultanverdeckung mit dem Spezialfall der partiellen Verdeckung, die u.a. ein schlüssiges Erklärungsmodell für die Wahrnehmung mehrstimmiger Musik bietet.
Ludwig Kollenz, MA
Psychoakustik aus technischer Sicht
In Anlehnung an den Vortrag von Mag. Siddiq referierte Ludwig Kollenz, MA über digitale Hörgeräte und deren unterschiedlichsten Strategien um ein Signal für den Träger aufzubereiten. Zu Beginn wurden die dazu wichtigen Fakten der Psychoakustik betrachtet – wie relevante Phänomene technisch adäquat umzusetzen wären. So wurden aktuelle technische Umsetzungen besprochen, um in Folge die Aufgabenstellungen zu besprechen. Im Laufe des Vortrages wurden wesentliche Bestandteile der digitalen Technik wie die Lokalisation beziehungsweise das Beamforming, sowie die Verarbeitung in Bändern auf Basis von Frequenzgruppenbreiten erklärt. Die technischen Alternativen wie die Wavelet-Transformation und das auditorische Filtern bildeten ein Kernthema des Vortrags. Den Abschluss bildete eine pragmatische Betrachtung dessen, was digitale Signalprozessoren für Hörgeräte derzeit leisten können – im Verhältnis zu Themen und Tendenzen aktueller Forschung. Am Rande entstand in dem Auditorium eine kleine Diskussion, in wie weit denn nun die digitale Technik besser/schlechter oder klarer/unklarer gegenüber einer analogen Technik wäre. Nach kurzer Aufheiterung, dass Hörsysteme aufgrund der Größe dann in Rucksäcken transportiert werden müssten – sehr gute analoge Bauteile haben eben eine handliche Größe – war das Auditorium letztendlich uni sono der Meinung, dass digital doch besser sei.
Manfred Stella
Aufzahlungen richtig argumentieren – einmal anders
Zu Beginn seines Vortrages wurde das Auditorium durch ein kurzes satirisches Kabarett mit den möglichen Lebensumständen eines Fachberaters und einer seiner „alltäglichen Situationen“ in einem Hörgeräteakustiker-Fachgeschäft konfrontiert. Nachdem die Lachtränen der Zuseher getrocknet waren, wurden Argumentationshilfen für die Beratung hinsichtlich technischer Zusatzfunktionen in Hörsystemen erarbeitet. Ein kurzer Überblick über drei verschiedene Kundentypen zeigte relativ schnell auf, dass im Alltag eines Fachberaters , sowohl die Individualität des Kunden als auch der Umgang mit diesem, bei der Auswahl der Hörsysteme und deren Anpassung eine sehr wichtige Rolle spielt. Anschließend fanden sich im Auditorium zwei Hörakustiker als Schauspieler wieder, die sich bereit erklärten, eine alltägliche Geschäftssituation nach den besprochenen Gesichtspunkten kurz nachzuspielen und in die Praxis umzusetzen.
Fazit
Trotz oder gerade wegen des schönen Wetters kamen über 100 Interessierte zum OHI-Update 2016 in die Wiener Urania. In den Pausen konnten in der Industrieausstellung, mit Kollegen und den Partnern der Industrie interessante Gespräche geführt werden. Im kommenden Jahr wird das OHI Update am Samstag 10. Juni 2017 in Wien an einem neuen Ort in einem nochmals größerem Rahmen stattfinden.