Seminarbericht vom Eye Health Advisor Symposium 2014

Der Einladung zum dritten Eye Health Advisor Symposium der Firma Johnson nach Zürich ins Swissotel sind auch heuer wieder etwa 300 Teilnehmer gefolgt. Dank der hervorragenden Organisation, beginnend am Flughafen in Österreich, über die angenehme Betreuung im Hotel bis hin zur unterhaltsamen Abendveranstaltung waren die beiden Tage nicht nur von den Vorträgen her sehr empfehlenswert. Der größte Anteil – 62% der Zuhörer – kamen aus der Schweiz. Aber schon die zweitstärkste Gruppe mit 26% war durch Teilnehmer aus Österreich vertreten, gefolgt von circa 8% aus Deutschland. Das übrige Auditorium setzte sich aus Vertretern verschiedenster Länder zusammen.

Den ersten Vortrag hielt Prof. Lyndon Jones über die Compliance – Pflegemittel und Kontaktlinsen. Anhand von Befragungen wurde festgestellt, dass die meisten Tauschlinsenträger (51%) ihre Linsen zu lange tragen weil sie einfach darauf vergessen diese zu tauschen. Die meisten dieser Gruppe hätten gerne eine Erinnerung wenn es an der Zeit wäre die Linsen zu wechseln. Hier macht sich durchaus schon ein Einfluss heutiger Abhängigkeit zu elektronischen Terminkalendern (Smartphones etc.) bemerkbar. Was sich nicht aktiv in die Wahrnehmung drängt wie z.B. eine Notifikation durch eine App und dergleichen wird dann schon mal einfach „vergessen“. Hier könnte möglicherweise zukünftig eine Lens Care-/Guidance App Abhilfe schaffen.

Nur 26% tragen die Linsen absichtlich länger als vorgesehen, teilweise um damit Geld zu sparen. Das Händewaschen vor der Manipulation mit Kontaktlinsen ist leider auch nur für 50% der Kontaktlinsenträger selbstverständlich. Das Risiko einer mikrobiellen Keratitis erhöht sich um das 1,49fache wenn man nur das Händewaschen unterlässt. Eine Beobachtung auf Flughäfen hat ergeben dass sich nach der Toilette circa 34% der Männer und nur circa 16,5% der Frauen nicht die Hände waschen. Bei Multifunkions-Pflegemitteln ist unbedingt die Anwendung des „rub and rinse“ Verfahrens erforderlich. Hierbei kann durch 10 Sekunden langes Abreiben der Linsen und weiteren 10 Sekunden langes Abspülen die Konzentration von Pseudomonas-Keimen von 6 log auf 1 log reduziert werden.

Dr. Noel A. Brennan zeigte Studien, in denen festgestellt wurde dass das Risiko Hornhautinfiltrate zu bekommen durch die Verwendung passender Tageslinsen um 12% gesenkt werden kann, im Gegensatz zu nicht täglich erneuerten Linsen. Ebenso sei der Tragekomfort höher, wenn die Linsen nach kürzerer Zeit getauscht werden.

Prof. Bruce Evans ging auf die Korrektur der Anisometropie bei Kindern mit Kontaktlinsen ein. Dabei wurde auch erwähnt, dass es aktuell Tendenzen gibt Lasik-Korrektur anstelle von Linsen bei Anisometropie von Kindern anzuwenden. Die Verwendung von formstabilen Linsen bei kongenitalem Nystagmus wäre wichtig um bei Kindern das Sehen frühzeitig zu verbessern.

Trockenes Auge – mit diesem Thema beschäftigte sich Teifi James in seinem Vortrag. Ungefähr ein Drittel aller von relevanten Studien erfassten Personen klagen über Symptome eines trockenen Auges. Davon haben etwa 90% ein evaporatives trockenes Auge (schnelle Verdunstung). Bei einer Beobachtung wurde aufgezeigt, dass bereits große Unterschiede der Blinkfrequenz in Abhängigkeit zur Tätigkeit des Probanden feststellbar sind, zum Beispiel während eines Gespräches im Vergleich zum Lesen eines Textes. Eine Verbesserung des trockenen Auges kann durch die Erhöhung der Blinkfrequenz erreicht werden, ebenso mit Nahrungsergänzungsmitteln die Omega 3 Fettsäuren beinhalten. Wärmezufuhr in Form von Gel-Pads um die Lipidabgabe der Meibomschen Drüsen zu begünstigen ist eine weitere positive Maßnahme. Gel-Pads deshalb, da solche Pads die Wärme länger „halten“ können im Gegensatz zu heißen Lappen, Textilien, usw. bei denen eine Abkühlung wesentlich schneller eintritt und somit eigentlich ein gegenteiliger Effekt erzielt wird. Zudem sind Nachbenetzung und die Verwendung von Lipid-Sprays in den meisten Fällen hilfreich.

Tribologische Untersuchungen von Kontaktlinsen stellte Dr. Samuele Tosatti an. Tribologie ist die Wissenschaft von aufeinander unter Kraft einwirkenden Oberflächen in Bewegung. Der Reibungsfaktor ist keine spezifische Materialeigenschaft. Es ist ein Resultat von Materialhärte und Oberflächenbeschaffenheit als Bestandteil des sogenannten „Tribologischen Paares“ als auch variable Einflüsse wie zum Beispiel Kontaktdruck, Geschwindigkeit, Feuchtigkeit oder Ähnlichem. Mit dieser Methode ist es möglich den Reibungskoeffizienten der Hornhaut zu bestimmen. Daraus könnte sich in Zukunft ein industrieller Standard mit wissenschaftlichen und biologischen Hintergrund entwickeln. Die tribologischen Ergebnisse können auch für die Entwicklung von Kontaktlinsen mit höherem Tragekomfort von Nutzen sein.

Wie wichtig sind die Oberflächeneigenschaften beim Tragen von Kontaktlinsen? Mangelnder Tragekomfort ist der Hauptgrund der Kontaktlinsen Drop-Outs, erklärte Dr. Heiko Pult. Um den Tragkomfort zu erhöhen muß der Reibungskoeffizient (COF) geringer werden, damit der Widerstand mit dem das Augenlid über die Linse gleitet (z.B. beim Blinzeln) reduziert wird. Eine vermehrte Reibung beim Blinzeln kann Untersuchungen zufolge zu „Lid Wiper Epitheliopathie“ (LWE) und lidparallelen konjunktivalen Falten (LIPCOF) führen. Je besser die Linsen benetzen desto angenehmer sind sie zu tragen. Kontaktlinsen mit niedrigem Reibungskoeffizient und höherer Benetzbarkeit verbessern daher den Tragekomfort.

Michael Bärtschi konnte von seiner Besteigung des Mount Everest nicht nur mentale Erfahrungen mitbringen sondern auch einige Messungen die er unter den vorherrschenden Extrembedingungen durchgeführt hat. Ungefähr 50% der Bergsteiger tragen Kontaktlinsen. Dabei ist es besonders wichtig auf eine gute Sauerstoffversorgung und auch auf einen UV-Schutz der Linsen zu achten. Auf einer Bergtour ist die Hygiene oft ein Problem. Es ist besser eine Handdesinfektion beim Linsenhandling zu verwenden als Wasser, welches nicht 100%ig sauber ist. Aufgrund der trocken Stürme im Hochgebirge ist auch in der Dunkelheit eine Schutzbrille  empfehlenswert, um eine Keratitis zu vermeiden.

Kinder wollen oft aus den selben Gründen Kontaktlinsen tragen wie Erwachsene. Prof Bruce Evans zeigte auf, dass Kinder ab dem Schulalter sich in ihrer ästhetischen Darstellung zunehmend selbst wahr nehmen und 30% der Brillenträger in der Schule durch das Tragen einer Brille (Stichwort „Brillenschlange“) diskriminiert werden. Durch Kontaktlinsen kann Derartiges vermieden werden. Auch beim Sport, wo Brillen zumeist ein Handicap darstellen bzw. einem höheren Beschädigungsrisiko ausgesetzt sind, können Kontaktlinsen die Sehleistung komfortabel verbessern. Die Compliance der Kinder ist prinzipiell gut, wenn auch die Eltern gut geschult sind. Sobald die Eltern nicht als gutes Vorbild vorangehen (Händewaschen, saubere Umgebung beim Handling und dergleichen), werden es die Kinder wahrscheinlich auch nicht befolgen.

Philippe Seira ist die Kommunikation mit Kindern bei der Anpassung von Kontaktlinsen besonders wichtig. So sollen Fragen immer an das Kind direkt gerichtet werden, auch wenn die Eltern anwesend sind. Was macht das Kind in der Freizeit? Was weiß das Kind schon über Kontaktlinsen? Haben die Eltern Kontaktlinsen, wie werden diese gepflegt? Empfehlenswert ist es, dem Kind mit Bildern, Illustrationen zu erklären, warum es sich an die Vorschriften halten soll. Diese Informationen sollten auch mitgegeben werden und vom Kind selbst unterschreiben zu lassen. Hierbei geht es nicht um eine rechtliche Handhabe – die bei Minderjährigen ohnehin nicht gegeben wäre – sondern um die Motivationssteigerung zur Eigenverantwortlichkeit. Auch kann man dem Kind als zusätzliche Motivation ein kleines Geschenk mitgeben.

Die Myopie Prävalenz hat in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Dr. Noel Brennan konnte an Untersuchungen feststellen, dass sich die Myopie in einigen Ländern zu einem schwerwiegenden Problem entwickeln wird – aufgrund von Myopie assozierten Netzhauterkankungen wie myope Makulopathie, Netzhautabhebungen und Glaukom. Zur Verlangsamung der Progression gibt es unterschiedliche Studien, die auch verschiedene Wirkungsweisen aufzeigen. Multifokale Brillengläser, formstabile Kontaktlinsen, Orthokeratologie, weiche multifokale Kontaktlinsen und auch medikamentöse Behandlungsformen stehen zur Diskussion.

Ein Resümee über 20 Jahre Tageskontaktlinsen (1994-2014) zog Prof. Lyndon Jones. In vielen Ländern steigt die Verwendung von Tageslinsen an. Der kurze Austauschrhythmus verbessert den Tragekomfort, da es zu weniger Ablagerungen kommt und auch keine Wechselwirkungen durch ein Pflegemittel entstehen können. Weiters bilden Tageslinsen eine schützende Barriere gegen aerogene Antigene bei okulären Allergien. Ebenso sei die Compliance bei den Tageslinsen besser. Das geringste Risiko eine mikrobielle Keratitis zu bekommen besteht hingegen beim Tragen von formstabilen Kontaktlinsen. Bei weichen Linsen hat die Tageslinse das geringste Risiko, wenn sie tatsächlich täglich gewechselt wird. Werden die Kontaktlinsen über Nacht getragen, so erhöht sich das Risiko einer mikrobiellen Keratitis. Außerdem kann die mehrmalige Wiederverwendung einer Tageskontaktlinse schwerwiegende Augenkomplikationen auslösen.

Dr. Teifi James präsentierte eine methodische Abhandlung über die Untersuchung und Behandlung von roten Augen. In der Anamnese ist bei 9 von 10 Probanden bereits die Diagnose zu finden. Die richtige Fragestellung und das Zuhören ist hierbei von größter Wichtigkeit. Bei der Untersuchung sind stets die Pupillen zu kontrollieren. Falls hier Veränderungen vorliegen ist meist schon eine ernsthafte Situation vorhanden. Das Erkennen von Symptomen ist bei der Diagnose und Behandlung von roten Augen sehr wichtig.

UV-Schutz und Augen – Welche Rolle spielen UV absorbierende Kontaktlinsen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Christian Döhr. Grundsätzlich hat das Auge einen systembedingten UV-Schutz durch seine Lage im Körper. Jedoch ist im Frühling und im Herbst durch den niedrigen Sonnenstand die direkte UV-Belastung des Auges in den Früh- und Abendstunden am höchsten sowie im Sommer die indirekte UV-Belastung in den Mittagsstunden. Kinder sind durch UV-Strahlung besonders gefährdet, da bis zum 18. Lebensjahr bereits 80% der UV-Belastung, betrachtet über die gesamte Lebenserwartung, vom Auge aufgenommen wird. Kontaktlinsen mit UV-Schutz, gut sitzende Sonnenbrille sowie abschirmende Kopfbedeckungen (Schirmkappe, Hut etc.) verhindern dass die UV-Strahlung direkt oder indirekt auf dem Limbus oder der Hornhaut auftrifft und absorbiert wird.

Dr. Heiko Pult sprach den Zusammenhang zwischen Astigmatismus und Sport an. Sportler können nicht korrigierte Refraktionsfehler bis zu einem gewissen Grad durch Training kompensieren, z.B. Steigerung ihrer Reflexe infolge verzögerter Wahrnehmung. Dies ist eigentlich nur eine Umgehungslösung verbunden mit erhöhtem sportlichen Aufwand, der aber das ursprüngliche Problem nicht beachtet. Die sportliche Leistung kann deutlich verbessert werden, wenn der Fehler vollständig korrigiert ist. Trotzdem verwenden manche Sportler immer noch ältere, nicht voll korrigierte Brillen oder greifen auf Kontaktlinsen mit unzureichender Korrektur zurück. Der Sehkomfort ist bereits bei einem Zylinderwert von 0,50 deutlich reduziert. Ebenso sind die Reaktionszeiten beim Sport entsprechend langsamer bei schlechterer Sehleistung.

In einem unterhaltsamen Astigmatismus Duell – Standard vs. Individuell – lieferten Michael Wyss M.Sc. und Roger Anhalm M.Sc. Argumente für standard- und individuelle astigmatische Kontaktlinsen im direkten Vergleich zueinander. Mit knapper Mehrheit konnte die individuelle Kontaktlinse mehr Punkte für sich verbuchen.

Prof. Dr. Anna Nagl zeigte einige erfolgreiche Geschäftsmodelle für Kontaktlinsen auf. Bei vielen erfolgreichen Kontaktlinsenanpassern wird die Kontaktlinse aktiv und intensiv im Geschäft angeboten. Diese Verkäufer sind meistens auch motiviert Kontaktlinsen ebenso wie Brillen zu verkaufen.

Dieser Feststellung folgend ging Christian Gross auf sein erfolgreiches Geschäftsmodell unter dem Slogan: „Wir verkaufen Linsen wie Brillen“ ein. So hat er für sich ein eigenes Marketing-Konzept für die Kontaktlinse geschaffen. Kundengruppen außerhalb des Anpassraumes werden grundsätzlich immer auch als zukünftige Linsenträger identifiziert und dementsprechend beraten. Er betreibt damit Cross-Selling von Kontaktlinsenträgern zu Brillenträgern und umgekehrt. Bei den Kontaktlinsenkunden kümmert er sich intensiv mit Nachkontrollen um gesteigerte Kundenbindung.

Auch dieses Jahr gab es zum Abschluß wieder ein Quiz, welches von den Symposiums Teilnehmern gelöst wurde. Es waren zwei durchwegs spannende, lehrreiche und anregende Tage in Zürich. Der Besuch dieses Symposiums ist absolut zu empfehlen da es abseits der inhaltlichen Agenda aufgrund angeregter Diskussionen in den Pausen als auch am Abend möglich war auf entspannte und konstruktive Weise seinen Horizont individuell zu erweitern.

Susanne Nemetz, MSc

Die Autorin dieses Artikels, Susanne Nemetz, MSc
Augenoptikerin & Master of Science (Klinsche Optometrie/Clinical Optometry)

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