Unterkorrektion bei Kurzsichtigkeit erhöht die Myopieweiterentwicklung

Eine aktuelle Studie von Kahmeng Chung, Norhani Mohidin (beide Department of Optometry National University of Malaysia, Kuala Lumpur, Malaysia) und Daniel J.O’ Leary (Optometry Laboratory, Department of Optometry and Opthalmic Dispensing, Anglia Polytechnic University, Cambridge) berichtet darüber, dass die vielerorts angewendete Unterkorrektion einer Kurzsichtigkeit die Progression derselben erhöht anstatt sie zu hemmen.

Das optikum hat für Sie die Studie von Englisch in Deutsch übersetzt.

An der zweijährigen Studie nahmen 94 Myope im Alter von 9-14 Jahren teil. Die Studienteilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Während die Kurzsichtigen in der ersten Gruppe voll korrigiert wurden, erfuhren 47 Personen in der zweiten Gruppe eine Unterkorrektur von 0,75 Dioptrien. Die Unterkorrektion in der zweiten Gruppe führte zu einer schnelleren Myopieprogression und zu einem Längenwachstum des Auges. Im Gegensatz zu Tieren beschleunigt beim Menschen eine myopische Defokussierung die Myopieprogression, wenn bereits eine Kurzsichtigkeit im Vorfeld bestand. Der Auslöser einer Myopie liegt eher im Zusammenhang eines Fehlers beim Erkennen der Defokussierungsrichtung und nicht im Wachstum des Auges zu einem falschen Nullwert.

1. Einleitung

Die refraktive Entwicklung eines Auges durchläuft eine "Emmetropisierung" welche unter dem Einfluss eines Feedback-Mechanismus stattfindet. Wenn die optische Defokussierung das Wachstum des Auges steuert, kommt es zu keinem refraktiven Fehler (Hung, Crawford, & Smith, 1995; Schaeffel, Glasser, & Howland,1988; Troilo & Wallman,1991). Dies benötigt ein visuelles System, welches zwischen einer myopischen Defokussierung (bei der das Bild vor der Netzhaut entsteht) und einer hypermetropen Defokussierung (bei der das Bild hinter der Netzhaut entsteht) zu unterscheiden. Beraubt man das emmetrope Auge eines Primaten seiner Sehschärfe indem man das Netzhautbild schärfenvermindert so wird es kurzsichtig (Raviola & Weisel, 1977;Wallman & McFadden, 1995). Eine anschließende Wiederherstellung des scharfen Bildes resultiert in einem Wachstum des Auges Richtung Emmetropie. Diese Reaktion wurde bei den meisten (aber nicht allen) Spezies beobachtet.

Obwohl eine generelle Übereinstimmung darüber herrscht, dass das Wachstum des jungen menschlichen Auges durch einen Emmetropisierungs-Mechanismus reguliert wird, treten Fehlsichtigkeiten bei 20 Prozent der erwachsenen Population in Europa und bis zu 80 Prozent der erwachsenen Population in einigen asiatischen Ländern auf. Der Grund für diese Anomalien ist nicht bekannt, da das Netzhautbild beim Myopen eher defokussiert als unscharf ist. Vielleicht ist das System der Fehlerauffindung bei diesen Menschen nicht funktionstüchtig oder das Auge wächst in Richtung eines "falschen" Nullwertes. (Medina, 1987a; Medina, 1987b).

Wenn der Emmetropisierungs-Mechanismus defekt ist und deshalb nicht die Vorzeichen einer Defokussierung erkennt werden besteht die Möglichkeit, dass die Myopie beim Menschen auf eine Fehlreaktion zurückzuführen ist, welche eigentlich zu einer Wachstumsreaktion in Richtung Hyperopie führen sollte. Wenn der Mechanismus einem falschen Nullwert zugrunde liegen würde, so sollte eine Unterkorrektion der Myopie das Fortschreiten des Längenwachstums verlangsamen oder aufhalten. Es gibt nahezu keine relevanten Informationen über die Unterkorrektur bei Menschen. Nur eine schlecht kontrollierte klinische Studie wurde mit Myopen bisher durchgeführt (Tokoro & Kabe, 1965). Auch wenn die Brillen bei der Naharbeit nicht getragen wurden, konnte man keinen signifikanten Effekt bei der Myopieprogression feststellen (Ong, Grice, Held, Thorn & Gwiazda, 1999).

Die Autoren der gegenständlichen Arbeit berichten über die Resultate einer randomisierten, klinischen Studie, welche durchgeführt wurde um die Effekte einer Unterkorrektion auf die Progression einer Kurzsichtigkeit zu untersuchen. Das Resultat der Studie zeigte, dass eine Unterkorrektion der Myopie bei Kindern die Progressionsrate steigert. Dies unterstützt die Idee, dass deren gestörter Emmetropisierungs-Mechanismus keine Unschärfen aufspüren kann.

2. Methoden

2.1 Probanden

Die Studie wurde an der optometrischen, Fakultät of Allied Health Science, National University of Malaysia durchgeführt. (Anmerkung der optikum Redaktion: In asiatischen Ländern sind bis zu 80% der Population kurzsichtig.)

Alle Personen – sowohl der unterkorrigierten als auch der vollkorrigierten Gruppe – trugen eine Brille die vom Studienteam verordnet wurde. In der Gruppe der Unterkorrigierten war während der gesamten Studiendauer die maximale Fernsehschärfe bei 6/12 (20/40) bei beiden Augen (wobei der Vollkorrektion zumeist +0,75 Addition pro Auge hinzugefügt wurde). In der vollkorrigierten Gruppe betrug die monokulare Sehschärfe auf beiden Augen 6/6 (20/20) oder besser.

Bei allen möglichen Probanden wurde eine Anamnese gemacht, Alter, Geschlecht und Rasse vermerkt. Außerdem wurde eine erste statische Skiaskopie von einem Optometrist vorgenommen. Wenn der Proband die Selektionskriterien betreffend Alter, Geschlecht, Rasse und Fehlsichtigkeit erfüllte, wurde ein Termin mit einer Patientenversorgungs-Stelle ausgemacht. Jene Probanten welche die Selektionskriterien nicht erfüllten wurden an eine Optometristen-Ausbildungsklinik verwiesen.

In der Patientenversorgungs-Stelle arbeiteten zwei Optometristen. Diese führten Erstuntersuchungen durch um die Eignung der Probanden zu testen. Die Aufgabe der Patientenversorgungs-Stelle bestand in der individuellen Verordnung einer Brille für jeden Probanden und in der Unterweisung des Gebrauchs. Die Unterweisung wurde sowohl bei den minderjährigen Trägern als auch bei deren Eltern durchgeführt. Die Probanden wurden angehalten während der Studie alle sechs Monate zu einer weiteren Untersuchung zu erscheinen. Die Erstuntersuchung beinhaltete eine komplette optometrische Routineuntersuchung. Alle Teilnehmer der Studie waren Schulkinder. Sie wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt:

  • Alter 9-14 Jahre
  • Kurzsichtigkeit beidseits von –0,50 Dioptrien oder mehr; keine Planzylinder oder hyperope Anteil
  • Nicht mehr als 2 Dioptrien Astigmatismus
  • Visus mit Korrektur 1,00 oder besser auf beiden Augen
  • Keine binokularen Probleme, keine Anisometropie über 2 Dioptrien. Personen mit Strabismus oder Amblyopie wurden nicht zur Studie zugelassen
  • Keine Augenkrankheiten
  • Keine Kontaktlinsenträger
  • Kein geplanter Wohnungsumzug der Familie
  • Schriftliche Einverständniserklärung

Nachdem ein Proband in die Studie aufgenommen wurde, erfolgte die Einteilung in die vollkorrigierte oder unterkorrigierte Gruppe. Der Proband wurde danach je nach Wohnort einer Auswertungsgruppe zugeteilt, die einen Vollzeit-Optometristen beschäftigte. Die Aufgabe der Auswertungsgruppe bestand in der Auswertung der Probanden vor Beginn der Studie und in Folge alle sechs Monate über einen Zeitraum von zwei Jahren. Folgende Messungen wurden bei den Auswertungen durchgeführt:

  • Statische Skiaskopie (ohne Cycloplegia)
  • Vermessung der Hornhautradien
  • Subjektive Refraktionsbestimmung unter der Verwendung von Cycloplegia um den maximalen Pluswert bzw. den schwächsten Minuswert mit maximaler Sehschärfe zu ermitteln
  • Vermessung des Auges mittels A-Scan Ultrasonographie

Nach Beendigung der Beurteilung durch die Auswertungsgruppe, erhielten die Probanden von der Patientenversorgungs-Stelle ihre Brille. Die Probanden wurden angewiesen ihre Brille bis auf die Schlafperiode immer zu tragen. Zudem wurde ein Termin in sechs Monaten für die Nachfolgeuntersuchung ausgemacht.

Während all diesen Untersuchungen wusste die Auswertungsgruppe nicht zu welcher Gruppe der jeweilige Proband gehörte. Die zwei Studiengruppen führten getrennte Aufzeichnungen. Die Auswertungsgruppe kontrollierte nicht die Brillenglasstärke und dürfte nicht in die Daten der Patientenversorgungs-Stelle einsehen. Außerdem durfte die Auswertungsgruppe dem Probanden keine Fragen zu seiner Brille stellen. Alle sechs Monate überwachte die Patientenversorgungs-Stelle die Compliance der Probanden hinsichtlich des Tragens der Brille mit Hilfe eines Fragebogens, welcher gleich wie jener von Hemminki und Parssinen (1987) formuliert wurde.

2.2 Datenaufnahme, Kontrollen und Stichproben

Jeder Proband wurde hinsichtlich seines Alters, Rasse, Geschlecht und zuerst gemessener Fehlsichtigkeit entweder der Testgruppe oder der Kontrollgruppe ( Anm. der Redaktion: die Testgruppe war unterkorrigiert, die Kontrollgruppe war vollkorrigiert ) zugeteilt. Es durften ausschließlich Probanden malaysischer oder chinesischer Abstammung an der Studie teilnehmen. Für die Studie wurden drei Altersgruppen mit dem Stichtag der Erstuntersuchung erstellt:

  • 9-10 Jahre
  • 11-12 Jahre
  • 13-14 Jahre

Die erste Vermessung der Fehlsichtigkeit erfolgte mittels Brillenglasbestimmung ohne Zuhilfenahme von Cycloplegia. Für die Studie mussten die Probanden auf beiden Augen eine Kurzsichtigkeit (sphärischer Wert) von mindestens -0,50 Dioptrien aufweisen. Für den Grad der Myopie wurde in vier Gruppen eingeteilt:

  • -0,50 bis –0,87 dpt
  • -1,00 bis –1,87 dpt
  • -2,00 bis –2,87 dpt
  • -3,00 dpt und darüber

Für die Gruppenzuteilung der Probanden wurde eine Block-Randomisierung auf Basis der von Zelen (1974) beschriebenen Technik vorgenommen. Die Testgruppe und Kontrollgruppe bestand aus 48 Zellen, die sich wie folgt ergaben:

(2 Rassengruppen) x (2 Geschlechtergruppen)

x (3 Altersgruppen)

x (4 Fehlsichtigkeitsgrad-Gruppen)

= 48 Zellen

Die Patientenversorgungs-Stelle gruppierte die Probanden so, dass jeder Testperson eine Kontrollperson innerhalb einer der wie oben beschriebenen Zellen zugeordnet wurde. Ein Proband dieser Paare wurde als Proband 1 und der andere als Proband 2 bezeichnet. Jeweils ein Proband dieser Paare war der Testgruppe und jeweils ein anderer der Kontrollgruppe basierend auf einem zuvor erfolgten Zufallsprinzip zugeordnet. Als Zufallsprinzip wurde das Kopf-oder-Zahl Prinzip beim Wurf einer Münze verwendet. Wenn die Münze „Kopf“ zeigte, dann wurde Proband 1 der unterkorrigierten Gruppe und Proband 2 der vollkorrigierenden Gruppe zugeordnet. Wenn die Münze „Zahl“ zeigte, dann wurde Proband 1 der vollkorrigierten Gruppe und Proband 2 der unterkorrigierenden Gruppe zugeteilt. Diese Prozedur wurde für alle Probandenpaare gleich durchgeführt.

2.3 Fassungswahl und Abgabe der Brille

Alle Patienten erhielten CR 39 Kunststoffgläser. In der vollkorrigierten Gruppe wurde die Verschreibung geändert, wenn bei der subjektiven, monokularen Brillenglasbestimmung (mit der Methodik maximaler Pluswert bzw. minimaler Minuswert zum Erreichen der best möglichen Sehschärfe) eine sphärische Veränderung von mindestens 0,50 Dioptrien Richtung Plus oder Minus gegenüber der bestehenden Brillenkorrektur gefunden wurde.

In der unterkorrigierten Gruppe wurde die Verschreibung immer so geändert, dass mittels einer positiven Addition genebelt wurde und auf beiden Augen jeweils ein Visus von 6/12 erreicht wurde.

2.4 Ethische Überlegungen

Eltern und Probanden wurden über das Programm und deren potentielle Risken bzw. Vorteile informiert. Deren Einverständniserklärung wurde schriftlich abgegeben. Falls irgendwelche Anzeichen von Krankheitseffekten aufgrund der Studie oder andere Kontraindikationen auftauchen sollten, würden die Probanden eine entsprechende Behandlung erhalten und falls notwendig von der Studie ausgeschlossen werden. Die Probanden konnten jederzeit aus der Studie aussteigen. Die Durchführung der vorliegende Studie wurde vom Ethik-Komitee der National University of Malaysia im Rahmen auf Basis der Deklaration von Helsinki genehmigt.

2.5 Statistische Analysen

Die Resultate wurden erst analysiert nachdem die letzten Untersuchungen beim letzten Patienten durchgeführt wurden. Von mehreren Parametern wurde der Mittelwert und die Veränderungen vom Mittelwert gegenüber den Ausgangsdaten zwischen unterkorrigierter und vollkorrigierter Gruppe mit parametrischen und nicht parametrischen Tests analysiert. Dazu wurde das Statistikprogramm SPSS für Windows Version 6.0 verwendet. Die parametrischen Tests beinhalteten ANOVA und den Student’s t Test, während die nicht parametrischen Tests den chi-squared Test beinhaltete.

Da das rechte und linke Auge nicht unabhängig sind (Ra & O ‚Day, 1985), wurden für alle nachfolgenden Analysen die Durchschnittswerte der beiden Augen verwendet. Bei der Analyse der Stärke der Fehlsichtigkeit wurde der mittlere sphärische Äquivalent verwendet. Der mittlere sphärische Äquivalent wurde mittels des sphärischen Anteils plus der halben Zylinderwirkung errechnet.

2.6 Compliance

Eine vollständige Compliance des Probanden galt wenn, die Brille mindestens 8 Stunden täglich getragen wurde. In der unterkorrigierten Gruppe erfüllten 40 Probanden die Compliance-Bedingung. In der vollkorrigierten Gruppe waren es 41 Probanden. Eine teilweise Compliance des Probanden galt, wenn die Brille 6 bis 8 Stunden täglich getragen wurde. In der unterkorrigierten Gruppe erfüllten 7 Probanden die teilweise Compliance-Bedingung. In der vollkorrigierten Gruppe waren es 6 Probanden. Bei allen Probanden lang damit entweder eine vollständige oder mindestens teilweise Compliance vor. Es konnte kein signifikanter Unterschied bei den Tragegewohnheiten zwischen vollkorrigierten und unterkorrigierten Probanden festgestellt werden.

3. Resultate

3.1 Ausgangsdaten der Probanden zur Beendigung der Studie

Zu Beginn der Studie wiesen die Probanden in der korrigierten und unterkorrigierten Gruppe ähnliche Charakteristika auf. Es gab keine signifikanten Unterschiede (Chi-squared, >0:05) hinsichtlich des mittleren Alters bei der Erstuntersuchung, wie lange bereits eine Brille getragen wurde, Geschlecht, Rasse, Stärke der Fehlsichtigkeit bei der Erstuntersuchung oder axialer Baulänge des Auges zwischen der unterkorrigierten und vollkorrigierten Gruppe.

Reduzierte Korrektion
Tabelle 1: Unterkorrigierte Probanden trugen eine reduzierte Korrektion während der Studie. N = Nicht signifikant

3.2 Resultate nach zweijähriger, optischer Behandlung

Figur 1 zeigt die mittleren Veränderungen der Fehlsichtigkeit in der unterkorrigierten und der vollkorrigierten Gruppe im Zeitraum der zweijährigen Studie. Die Veränderungen in der Fehlsichtigkeit wurden als Differenz zur mittleren Ausgangsstärke nach 6 Monaten,12 Monaten, 18 Monaten und 24 Monaten in der Kurve aufgetragen. Am Ende der Studie nach 24 Monaten betrug die mittlere Progression in der unterkorrigierten Gruppe -1.00 dpt, während in der vollkorrigierten Gruppe die Progression zu einer Zunahme von -0.77 dpt führte.

Dioptrieänderung
Figur 1: Durchschnittliche Änderungen (vertikale Achse zeigt ± Veränderungen in Dioptrien) der Fehlsichtigkeit für die unterkorrigierte Gruppe (rosa Quadrate) und der vollkorrigierten Gruppe (blaue Karos) im Zeitraum der zweijährigen Studie. Es waren jeweils 47 Probanden in einer Gruppe. Die unterkorrigierte Gruppe zeigte eine stärkere Progression im Vergleich zur vollkorrigierten Gruppe (univariate ANOVA, F (1, 374 )= 14.32, p = 0,001).

Die unterkorrigierte Gruppe zeigte eine stärkere Progression im Vergleich zur vollkorrigierten Gruppe (univariate ANOVA (2 Behandlungsgruppen, 376 Brillenglasbestimmungen in jeder Gruppe), F (1, 374 )= 14.32, p < 0,01).

Figur 2 zeigt die Veränderungen in der axialen Baulänge für die unterkorrigierte und vollkorrigierte Gruppe über den Studienzeitraum von zwei Jahren.

Baulängenänderung
Figur 2: Durchschnittliche Änderungen (vertikale Achse zeigt ± Veränderungen in Millimetern) der axialen Augenbaulänge für die unterkorrigierte Gruppe (rosa Quadrate) und der vollkorrigierten Gruppe (blaue Karos) im Zeitraum der zweijährigen Studie. Es waren jeweils 47 Probanden in einer Gruppe. Die unterkorrigierte Gruppe zeigte eine stärkere Vergrößerung der axialen Augenbäulänge im Vergleich zur vollkorrigierten Gruppe (univariate ANOVA, F (1, 374 )= 4.13, p = 0,04).

Die unterkorrigierte Gruppe zeigte eine stärkere Vergrößerung der axialen Augenbäulänge im Vergleich zur vollkorrigierten Gruppe (univariate ANOVA (2 Behandlungsgruppen, 376 Brillenglasbestimmungen in jeder Gruppe), F (1, 374 )= 4.13, p = 0,04). Es wurden keine signifikanten Unterschiede bei anderen Augenparametern wie den Hornhautradien, Vorderkammertiefe, Dicke der Augenlinse zwischen der unterkorrigierten und vollkorrigierten Gruppe festgestellt. Außerdem waren keine Unterschiede in der täglichen Stundenanzahl für Naharbeiten wie Lesen nach der Schule zwischen der unterkorrigierten und vollkorrigierten Gruppe feststellbar.

4. Diskussion

Die herausgefundenen Fakten lassen sehr stark den Schluss zu, dass Myopie durch eine Fehlfunktion der Erkennung von Vorzeichen im Emmetropisierungsprozess verursacht wird und nicht wegen eines Nullwertfehlers wie von Medina (1987a) und Medina (1987b) vermutet wurde . Dies würde bedeuten, dass sowohl myope und hyperope Defokussierung ein Augenwachstum in Richtung Myopie auslösen würde. Ein Nullwertfehler würde zu einer Stabilisierung des myopen Wertes führen. Die Myopieprogression müsste in Folge langsamer werden oder zum Stillstand kommen, wenn der Nullwertfehler erreicht wäre.

Die Resultate dieser Studie unterstützen nicht die Schlüsse der vorhergehenden Studie betreffend Unterkorrekturen (Tokoro & Kabe, 1965), welche zum Schluss kam, dass die durchschnittliche Veränderung der Fehlsichtigkeit in der unterkorrigierten Gruppe signifikant geringer ausfiel im Vergleich zur permanent vollkorrigierten Gruppe. Diese frühere Studie hat nicht Probanden gleichen Alters verglichen und verwendete eine sehr geringe Anzahl von Probanden. Einige der Probanden erhielten zudem eine medikamentöse Behandlung wie Neosynephrin und Tropicamid im Rahmen einer anderen Studie (Tokoro & Kabe, 1964) und eine detaillierte Durchsicht der Studie durch Goss (1982) ergab, dass die statistische Behandlung der Daten fehlerhaft war.

Bei myopen Augen sind auch andere Aspekte der optischen Performance anomal. Viele myopische Augen weisen mehr axiale Abberationen als normal auf und wiewohl Aberationen in myopen Augen für das Fernsehen relativ normal sind, zeigen sich im Gegensatz zu den nicht myopischen Augen eine Zunahme der Aberationen bei Akkommodation (Collins, Wildsoet, & Atchison, 1995). Diese Aberationen haben einen relativ geringen Effekt auf die Schärfe des Netzhautbildes im Vergleich zu den Effekten aufgrund der Myopie. Es erscheint unwahrscheinlich, dass diese Aberationen die Ursache der Myopie darstellen. Es wäre möglich, dass der Emmetropisierungs-Mechanismus normalerweise für die Entwicklungskontrolle aller Aberationen – aber nicht für axiale Defokussierung – verantwortlich ist.

Gleichermaßen wir gezeigt haben, dass eine generelle Unterkorrektion der Myopie tendenziell zu einer Verstärkung der Myopie führt, ist es signifikant, dass beim Myopen eine Vollkorrektion für das Fernsehen in Verbindung mit einer progressiven Leseaddition die Myopieprogression reduziert (Leung & Brown, 1999). Wir glauben dies ist ein Indiz dafür, dass das Vorhandensein eines unscharfen Sehens egal in welcher Distanz möglicherweise die Progression einer Myopie – unabhängig vom Vorzeichen der Defokussierung – stimuliert, wenn das Auge dafür empfindlich ist.

5. Schlussfolgerungen

Unsere Erkenntnisse unterstützen die Hypothese, dass Myope einen anomalen Mechanismus zur Erkennung der optischen Defokussierungsrichtung mit Hilfe des Netzhautbildes aufweisen. Wir vermuten, dass die auftretenden Unschärfen beim kurzsichtigen Auge mehr eine Stimulation des Augenwachstums als die erwartete Hemmung des Wachstums hervorrufen. Wir kommen auch, dass die populäre, therapeutische Strategie der Unterkorrektion einer Myopie bei Kindern nicht nur sinnlos sondern sogar potentiell schädlich sein kann.

Danksagung

Saadah bte Mohd Akhir, Mohd Anuar, Patsy Kiu, Oh Tiang Hong und Dr. Sharanjeet Kaur unterstützen das Projekt und Dr Yeow Peng Tee und Dr Azrin E. Ariffin unterstützte durch hilfreiche Kommentare. Unterstützt durch IRPA Nr. 3-07-03-046 und 3-07-03-048.

Quellen:
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Originalstudie in Englisch. Übersetzt von Harald Belyus.

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