Prag ist immer eine Reise wert. Vor allem wenn es einem ins „The Vison Care Institute“ (TVCI) von Johnson & Johnson verschlägt. Das stark besuchte Seminar mit 30 Teilnehmern aus Österreich, Schweiz und Deutschland bündelte – wenn man die Berufsausübungsjahre aller Anwesenden im Saal zusammenzählte – 301 Jahre Kontaktlinsen-Anpasserfahrung an einem Ort.
Materialeigenschaften und Tragekomfort
Das erste Modul befaßte sich mit den Materialeigenschaften von Kontaktlinsen. Roger Anhalm, MSc zeigte ausgezeichnet die Verbindung von Kontaktlinsen-Materialien und dem Tragekomfort der Linsen auf. Verschiedene Messverfahren für die Benetzung, wie zum Beispiel Captive Bubble, Sessile Drop und Wilhelmy Plate wurden erklärt. Auch wurden die unterschiedlichen Eigenschaften zwischen Hydrogel- und Silikonhydrogel-Kontaktlinsen anschaulich präsentiert.
„Fühlbare“ Erklärungen des Modulus und des Reibungskoeffizienten konnten anhand von plastischen Beispielen in „Kundensprache“ dargestellt werden. Durch eine gute Interaktion mit den Teilnehmern ist sowohl in kleinen Arbeitsgruppen als auch im Vortragssaal ein lehrreicher Dialog entstanden.
Richtige Nachbetreuung verhindert Dropouts
Mario Teufl MSc ging im zweiten Modul auf das Zusammenwirken von Kontaktlinsen und Auge ein. Unter anderem verwies er auf eine Statistik, welche belegt, dass bei immerhin 30% der ehemaligen Kontaktlinsennutzer ein Komfortverlust, während der Kontaktlinsenverwendung, der relevante Grund für das endgültige Beenden des Kontaktlinsentragens war. Sein Lösungsansatz: Mit der richtigen Fragestellung bei der Nachbetreuung kann rechtzeitig auf Wünsche und Probleme der Kunden eingegangen, damit den Trageerfolg bei Kontaktlinsen gesteigert und somit Drop-Outs vermieden werden.
Bei den Workshops wurden unterschiedliche Tränenfilm-Teste in der Praxis angewandt. Vitalfärbemittel Lissamin Grün und Fluoreszein wurden zur Evaluierung der Horn- und Bindehaut herangezogen. Das Ektroponieren des Oberlides und die Erkennung einer Lid Wiper Epitheliopathy konnte an Kollegen sehr gut geübt werden. Mit Hilfe der in allen Anpassräumen ausgestatteten, digitalisierten Video-Spaltlampen, konnten die Bilder von den Teilnehmern und Vortragenden gemeinsam betrachtet und beurteilt werden, sodaß bei Unsicherheiten im Auditorium Support durch die Vortragenden gewährleistet werden konnte.
Beim dritten und letzten Modul beschäftigte sich Michael Wyss, MSc mit der Kommunikation bei der Kontaktlinsenanpassung. Viele Fehler passieren im Gespräch, da der Kunde nicht immer das versteht und befolgt was ihm gesagt wird. Diese Verhaltensweisen sind nicht nur von den unterschiedlichen Menschentypen sondern auch von seinem Vorwissen und der Einstellung zur Kontaktlinse abhängig. Im Speziellen wurde auf schwierige Probandentypen eingegangen:
- den astigmatischen Fehlsichtigen, der sich mit den schlechteren Sehen abgefunden hat
- den Presbyopen, der eine Lesebrille benötigt
- den ehemaligen Kontaklinsenträger, der am Linsentragen gescheitert ist
- den Non-compliance Linsenträger, der alles ausprobiert was er irgendwo hört.
Auch mit diesen Kunden können gute Erfolge in der Kontaktlinsenanpassung erzielt und somit der Gewinn auf beiden Seiten gesteigert werden.
Aufdeckung von Lichtschäden am vorderen Augenabschnitt
Im Future Raum wurden interessante Geräte zur UV-Lichtschadenmessung am Auge und auf der Haut gezeigt. Ebenso wurde die Meibomdrüsenbetrachtung und die Tränenfilmaufreißzeit mit dem Oculus Keratographen demonstriert.
Großartiger Input für die tägliche Praxis
Durch die freundschaftliche Atmosphäre der unterschiedlichen Teilnehmer konnten viele interessante Gespräche geführt werden. Die Vortragenden gaben nicht nur Tipps und Tricks für die Verbesserung der Versorgung mit Tauschlinsen, sondern ebenso für formstabile Linsen, OrthoK Linsen und Sklerallinsen.
Das Wissen wurde mit viel praktischen Hinweisen ergänzt, welche sich sofort umsetzen lassen, wie zum Beispiel mittels einer App für das iPad (iOptics Nahleseproben) – mit der Leseproben nicht nur besser aussehen, sondern auch der Text nach eigenen Wünschen gestaltbar ist.
Nach so viel Wissenshunger wurde auch auf das leibliche Wohl geachtet. Bei allen lehrreichen Tätigkeiten war aber auch die Unterhaltung in einem ausgewogenen Maß vorhanden. Die Stadt Prag hat neben ihren schönen Sehenswürdigkeiten einen weiteren Punkt zum Anreisen: The Vison Care Institute.
Die Autorin dieses Artikels, Susanne Nemetz, MSc
Augenoptikerin & Master of Science (Klinsche Optometrie/Clinical Optometry)